Es wäre eigentlich die Aufgabe einer Berliner Filmzeitschrift - oder zumindest die einer Filmzeitschrift aus Deutschland gewesen - auf die dreibändige Lamprecht Monographie mit einem Tiefeninterview hinzuweisen. So geht der Pokal an das Wiener Ray-Magazin. Was ja als Umstand auch wieder tief blicken lässt. Der längere Textabdruck scheint mir extrem lesenswert zu sein, mit seinen Bezügen und Nachwirkungen zur Stiftung Deutsche Kinemathek nach deren Abwicklung in ein Film- und Fernsehmuseum, das nun auch kein Fernsehmuseum mehr ist oder sein darf.
Jedenfalls darf man gegen Ende dieses Textabdrucks die dezente Abrechnung des dort ehemaligen Bereichsleiters Buch mit den "Ideologen der Digitalisierung" (wohl gemeint auch die des eigenen Hauses) nachlesen, dies gerade unter der jüngsten Verabschiedung eines neuen "Orphan-Gesetzes" auf Bundesebene in Deutschland.
http://www.ray-magazin.at/news/gerhard-lamprecht-in-3-d
Donnerstag, 11. Juli 2013
Neues vom Potsdamer Platz: "Lost in the celluloid basement"
Man muss im kulturellen Bereich bei den freundlichen Redakteuren und Journalisten des englisch-sprachigen EXBERLINER Magazins schon einiges 'ausgefressen' haben, um einen deftigen Verriss zu landen. Dem ARSENAL ist das in der Juni-Ausgabe des EXBERLINER mit Bravour gelungen. In Ruvi Simmons Reflexionen zur Kinopraxis wird als Conclusio eines Neuberliners (seit 2006) nur allzu deutlich, dass avanciertes "Untergrundkino" nicht im Keller stattfinden darf, wenn es bemerkt werden will -- und als Kinoerfahrung nicht "unterirdisch" sein darf (mit blickverstellenden unergonomischen Stühlen, bei denen man in der ersten oder zweiten Sitzreihe dann vor allem auf die Löcher der Tonleinwand starrt, die einem das Bild anderweitig wegnehmen). Bei Ruvi Simmons, der sich seine Kinoverpflegung für sich und seine Kids im Trennscheibennachbarkino kaufen musste, liest sich das dann so:
"Eventually, I found my way to the basement, and the cinema. But there was a strange invisibility hanging over the entire space, one that continues to the present and brings into focus the strange life Arsenal, Berlin’s Institute for Film and Video Art, has taken on over its 50-year history. [...] A brilliant film screened in an atmosphere of almost sterile discomfort, visitors drifting around a comfortless foyer more like the hallway of a pharmaceutical firm than a well-loved cinema institution. There is an irony to Arsenal and Cinestar being neighbours, like a family full of rowdy kids living next door to childless, semi-retired teachers. Not to draw a direct comparison with a cultural institute and a gleaming multiplex, but the contrast underlines how little attention Arsenal pays to the actual experience of watching films. And while they can be justifiably proud of their achievements over the past 50 years, the archive and their international reach, until they pay more care to that, they will remain as they are – respected but not loved, a strange object of disaffection in the very place where they should be most cherished."
Mangelnde Liebe zum Kino würde auch ich den Betreibern dieses Kinohauses vorwerfen wollen; der Tropfen, der das Fass jüngst zum Überlaufen brachte, erschien mir jener Archiv-Eskapismus zu sein, das eigene Jubliäum mit modischen Mash-Ups aus dem Filmmaterialfundus zu garnieren, statt hier hermeneutisch zu arbeiten: aufzuarbeiten. Aber das gehört wohl heute mit dazu, wenn man sich ständig als "a white screen" neu erfinden will, was heute auch anders heißt: rebranden. Angesichts der derzeit entfesselt-beschleunigten Total-Gentrifizierung, in Berlin, fast überall, kann man noch nicht einmal empfehlen, das Filmhaus am Po-Platz gänzlich dicht zu machen und es in Randzonen neu zu begründen, ohne Ballast eines Betriebs in Erbpacht, dann aber mit der Last der Geschichte als Freude und Ansporn zur Entdeckung. Statt den Filmkanon in 360 Filmprogrammen zu zementieren, eben die Entstehung eines Filmkanons transparent neu entstehen lassen, ihn ständig neu zu befragen. Zeit wäre es ebenfalls, das Schisma zwischen Ausstellung & Buch einerseits um der Kinopraxis andererseits nach 50 Jahren einmal zu überwinden und die 74 Berliner Filmarchive mal etwas zu konsolidieren, ohne gleich alles nach Digitalisierung in den Orcus zu werfen. Wie wäre das denn ?
http://www.exberliner.com/culture/film/lost-in-the-celluloid-basement/
"Eventually, I found my way to the basement, and the cinema. But there was a strange invisibility hanging over the entire space, one that continues to the present and brings into focus the strange life Arsenal, Berlin’s Institute for Film and Video Art, has taken on over its 50-year history. [...] A brilliant film screened in an atmosphere of almost sterile discomfort, visitors drifting around a comfortless foyer more like the hallway of a pharmaceutical firm than a well-loved cinema institution. There is an irony to Arsenal and Cinestar being neighbours, like a family full of rowdy kids living next door to childless, semi-retired teachers. Not to draw a direct comparison with a cultural institute and a gleaming multiplex, but the contrast underlines how little attention Arsenal pays to the actual experience of watching films. And while they can be justifiably proud of their achievements over the past 50 years, the archive and their international reach, until they pay more care to that, they will remain as they are – respected but not loved, a strange object of disaffection in the very place where they should be most cherished."
Mangelnde Liebe zum Kino würde auch ich den Betreibern dieses Kinohauses vorwerfen wollen; der Tropfen, der das Fass jüngst zum Überlaufen brachte, erschien mir jener Archiv-Eskapismus zu sein, das eigene Jubliäum mit modischen Mash-Ups aus dem Filmmaterialfundus zu garnieren, statt hier hermeneutisch zu arbeiten: aufzuarbeiten. Aber das gehört wohl heute mit dazu, wenn man sich ständig als "a white screen" neu erfinden will, was heute auch anders heißt: rebranden. Angesichts der derzeit entfesselt-beschleunigten Total-Gentrifizierung, in Berlin, fast überall, kann man noch nicht einmal empfehlen, das Filmhaus am Po-Platz gänzlich dicht zu machen und es in Randzonen neu zu begründen, ohne Ballast eines Betriebs in Erbpacht, dann aber mit der Last der Geschichte als Freude und Ansporn zur Entdeckung. Statt den Filmkanon in 360 Filmprogrammen zu zementieren, eben die Entstehung eines Filmkanons transparent neu entstehen lassen, ihn ständig neu zu befragen. Zeit wäre es ebenfalls, das Schisma zwischen Ausstellung & Buch einerseits um der Kinopraxis andererseits nach 50 Jahren einmal zu überwinden und die 74 Berliner Filmarchive mal etwas zu konsolidieren, ohne gleich alles nach Digitalisierung in den Orcus zu werfen. Wie wäre das denn ?
http://www.exberliner.com/culture/film/lost-in-the-celluloid-basement/
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