Montag, 30. Juli 2012

Ausspeisevergütung


Es gab mal eine Zeit, da kostete den Anrufer ein nationales Telefon-Ferngespräch rund 1 Deutsche Mark pro Minute, tagsüber zu Geschäftszeiten. Böse Zungen sagten schon damals, dass das eigentlich eine Telefonsteuer war, um Kaufkraft umzuschichten, umzuverteilen. Da hatte der Fernmeldedienst der Deutschen Bundespost so viele Milliarden auf den Postscheckkonten, dass die gar nicht auf die Schnelle wussten: wohin damit?

Dann kam glücklicherweise die Idee auf, diese ganzen Milliarden in den Boden zu stecken und ein nationales Fernsehkabel zu verlegen. Glücklicherweise hatten die zuständigen Minister nicht nur Chemieaktien in Akkumulatoren, sondern auch gute Kontakte zur Kupferindustrie. So wurde in zukunftsweisende Technologie investiert, die man dann als Infrastruktur auch prima an Privatfirmen nochmals verkaufen konnte.

So etwas hat man beispielsweise in den USA nicht getan. Der Aufbau von Kabelfernseh-Netzen war dort eine Privatangelegenheit, von Anfang an. Um die Kabelanschlüsse an Endkunden verkaufen zu können, brauchte man Programm. Dafür musste man Programmanbietern echtes Geld bieten, denn ein Kabelnetz ohne Programm will keiner kaufen. Noch heute erwirtschaften Fernsehstationen gutes Geld in den USA mit der Lizensierung ihrer Fernsehprogramm-Dienste an Kabelfernsehgesellschaften, die diese mit ihren Dienstleistungen an Endkunden vermarkten.

Wenn ich nun die aktuelle Debatte um "Leistungsschutzrechte für Fernseh- und Radioprogramme" sowie um die Kündigung der Verträge um Kabel Einspeisegebühren für ÖR-Anstalten (die die Rundfunksteuerzahler über die Anstalten an die inzwischen privaten Kabelfernsehgesellschaften zahlen, statt umgekehrt) verfolge, dann verstehe ich die deutsche Welt wieder einmal nicht, weil sie mir komplett auf den Kopf gestellt vorkommt.


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