Samstag, 29. August 2009

Der doppelte Rittberger der weltpolitischen Wende.

In jüngster Zeit häuften sich im Handelsblatt sowie in der FTD die Meldungen Chinas Engagement in Afrika betreffend. Aus diesen Berichten kann man eigentlich nur den Schluss ziehen, dass sowohl die langfristige Absicherung mit Rohstoff-Lieferverträgen wie auch der Einkauf von Agrarflächen im Großmaßstab ein gleichzeitiges Wetten auf Sieg und Niederlage des weltkapitalistischen Handelssystem bedeutet. Denn wenn die Einfachwette auf eine schnell realisierbare Industrialisierung daneben gehen sollte, bleibt immer noch die Subsidiärversorgung mit Nahrungsmitteln auf Walmart-Niveau. Gleichzeitig scheinen die überreichlichen Barreserven an West-Devisen in China einer Absicherung der explosionsartigen Schaffung einer kreditfinanzierten Binnennachfrage zu dienen, um sich vom "Exportweltmeister-Zwang" –– also einer ausschließlichen Abhängigkeit der ökonomischen Entflammung aus der Funktion einer verlängerten Werkbank für den Rest der Welt –– nur zu gerne zu verabschieden. Auch hier kann ein gleichzeitiges Wetten auf Sieg und Niederlage vermutet werden. Das Reich der Mitte kann also nicht verlieren, sondern eine wirkliche, ökonomische Weltkrise erst dazu benutzen, sich als neue Hegemonialmacht des Planeten nicht nur zu behaupten, sondern diese auch durchzusetzen. Je mehr Krise noch kommt (plötzlich, aber schnell), desto besser für die sich entfaltende weltpolitische Wende. Hieran zeigt sich, wie die staatlich negierte Denkkunst eines Konfuzius sich kulturell als Essenz diffundiert hat. Dagegen versucht man hierzulande im linearen Monodenkstil des 19. Jahrhunderts die Zukunft des 21. in Metternich'scher Manier zu befestigen. Na, denn, viel Glück dabei auch, vor allen Dingen bei der "geistig-moralischen Führungselite", den geistigen Kapazitäten, die sich morgen und in vier Wochen zur Wahl stellen! Den Abtransport der Nahrungsmittel aus Afrika nach Asien wird man wohl militärisch vor Ort absichern müssen, wie auch die Seewege. Was für eine hübsche Remineszenz an die Kolonialzeit! Ob die Rechnung freilich für China mit der Bauernschlauheit aus fünf Jahrtausenden aufgehen wird, dürfte das noch zu lüftende Geheimnis des 21. Jahrhunderts werden. Die Zeitqualität der einzelnen Jahrhunderte zielen in ihre jeweils eigene Richtung. Wenn die Arbeitshypothese bezüglich der zu großen Strukturen und die Frage nach der optimalen Größe statt nach unbegrenztem Wachstum die richtige ist, dürfte China in Rekordzeit einen Rhyrrussieg erwirtschaften. Insofern bleibt es spannend bei allem Orakeln und vor allem auch bei dem, was nach Aristoles menschliches Denkvermögen ausmacht, nämlich Vorwegnahme des Absehbaren: Antizipation. Bleiben Sie also dran!

ATRIUM

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