Seit einigen Monaten kursiert das Schlagwort von der "Digital Signage", der digitalen Beschilderung, dem Ersatz der Druckplakate durch große elektronische, beleuchtete Displays. Liebe Kinofreunde: es wird bei Bankenwerbung in den Vorhallen der Geldautomaten nicht bleiben, vor allen Dingen dann, wenn das e-Paper farbig und die OLEDs farbstabil geworden sind. Es spricht nichts mehr dagegen, statt Werbespots oder "slide shows" in diesen e-Bilderrahmen auch kinematographische Werke zu präsensierten. Nach den hier beschriebenen "Underground Cinemas" und "Fernsehstuben" ist das die dritte Welle des Frontalangriffs auf den tradierten Kinobegriff und seine dahinter steckende institutionelle Verfaßtheit. Das ist natürlich für uns Berliner mit unserem ehemaligen "Ku-Damm-Eck" ein alter Hut, und auch die renommierte Architekturzeitschrift ARCH+ hatte im August 1991 über diese ästhetische Kombination architektonischer Gestaltung aus später Postmoderne und Post-Strukturalimus im Zuge ihrer "Fassaden"-Ausgabe bereits berichtet (siehe Cover links). Erst die technische Ausdifferenzierung in Produktstabilität, Modularität und Massenproduktion schafft sich hier nun neue Inhalte. Viele Fragen sind dabei natürlich komplett offen: zum Beispiel die Frage der öffentlichen Beschallung. Aber schon der Vorraum einer Bankfiliale schafft hier eine Mischform von Öffentlichkeit. Ruodlieb Neubauer berichtet in seinem Editorial der (relaunchten) März-Ausgabe von "Professional Production" in einem Zitat von Ulrich Spaan davon, dass "Digital Signage" nur dann funktioniere, "wenn nicht bloß ein paar Bildschirme mit Werbung drauf in einem Geschäft aufgestellt werden. Man benötige vernünftigen Content." Und das heißt in der Lesart von Neubauer eben "Lokalfernsehen" in einem Geschäftslokal. Als öffentliche Einrichtung steht es als Mitbewerber um den Markt der bewegten Bilder und umzingelt wie "Underground Cinemas", "Fernsehstuben" und "Public Viewing Areas" das klassische, niederlassene Kino. Zu klagen und zu meinen, dass der ganze Spuk schon wieder vorbei ginge, wird wohl nicht helfen. Neue Konzepte und Strategien des Kinos sind gefragt.
ATRIUM
Bildquelle: archplus.net; die betreffende ARCH+-Ausgabe Nr. 108 über "Fassaden" ist leider vergriffen.
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