Montag, 9. September 2013

IFA Berlin 2013


Schlendert man auf der diesjährigen IFA in Berlin zu rockigen Klängen von HEINO zu den 4K Display-Ausstellungen der üblich verdächtigten Hersteller, so zeigt sich ein recht uneindeutiges und undeutliches Bild, viel Widersprüchliches:

• Einerseits haben sich die TV-Anstalten von der technischen Entwicklung komplett abgehängt und sind froh, wenn sie sich einen neuen 720p Camcorder leisten können wollen; Ausnahme: Sky, die sich neue Märkte davon versprechen.

• Andererseits wird deutlich, dass für den Anspruch eines Wahrnehmungssurrogats 4K nie und nimmer als Rasterformat ausreichen wird. Man sieht bei 4K, wenn man genau rantritt, immer noch: Raster und zwar jede Menge. 4K ist klar ein Übergangsformat wie 720 zu 1080.

• Bei den heurigen 4K-Displays zu sehen: jede Menge Kompressionsartefakte und Rauschen im zugespielten Signal, gleich ob H.264, H.265 oder ProRes-Codec

• Dadurch, dass die Codierung bei der vierfachen Auflösung und der wohl nur doppelt gegönnten Bandbreite extrem anspruchsvoll wird, dürfte der übliche Praxis-Schluder dafür sorgen, dass die 4K-Auslieferung mit Blockartefakten übersäht sein wird. Die logische Folgerung in der Praxis: noch mehr Pixel, damit man die Kompressionsartefakte nicht mehr sieht (und man so noch mehr Bandbreite bekommen kann). 

• Die Tendenz, den Codec-Decoder (H.265) gleich ins Display einzubauen, um den USB-Speicher im Display statt in zusätzlicher Player-Box abzuspielen.

• Bei der Tech.Watch waren Darstellungs-Modelle zu sehen, das 4K-TV-Bild in drei multiperspektivische Teilframes neben- und übereinander aufzuteilen. Der Second Screen "reflektiert" sich als ThreeScreens (als SplitScreen) ins Hauptdisplay zurück. Damit verändert sich allerdings auch die bisherige Wahrnehmsungstruktur von AV-Inhalten.

• Die Tendenz zum Curved Screen bei den OLEDs, sowohl horizonal als auch (bei LG in der 3D-Gigantowand) horizontal+vertikal sowie die Tendenz zur 21:9 = 1:2,4 CS-Proportion bei Arbeitsbildschirmen.

• Was so alles auf der IFA als "Laser Projektor" verkauft wird, dürfte im Heimbereich derzeit eine Mogelpackung aus Leuchtdiodenlichtquellen sein/werden. Die OLEDs stehlen jedenfalls ggü. anderen Innovationen derzeit die Show und ziehen aus verschiedenen Gründen die Blicke an.

• Die Tendenz hin zu wirklichen Großdisplays (über 1,5 Meter Bildschrimdiagonale) als Heimgeräte bzw. Format-Applikationen im Heim.

• Das Stöhnen über die Post-Production-Kosten auf dem 4K-Medien-Panel (jetzt: Menschen gemeint) beim begleitend zur IFA laufenden BB-Medienforum, während nebenan 4K (Raster) für 4K ($/€) geboten wird. Das Geizen und das Rückhalten der MajorSeven, 4K Inhalte ins Heim auszuliefern, um ihre neue Technik auch abverkaufen zu können, während Indies ohne viel "Mätzchen" für 10K $/€ ein Komplettsystem zum Produzieren bereits vorliegen haben. Da fehlt dann nur noch der Distributionskanal, der weniger sensibel in Sachen Extrem-Kopierschutz ist -- auf der Rückseite eben die Verbraucher-, Käufer- und Benutzer-Freundlichkeit.

• Es war der neue SONY 4K-Heimprojektor (SONY VPL-VW500ES ULTRA HD 4K Heimkino-Projektor) in einer Demo zu sehen, der mit knapp 10K€ halb so viel kostet wie das Vorgängermodell. Bei Dunkelheit in der Kammer mit 21 Leuten ist der technische Fortschritt ggü 2K/HD schon zu erkennen. Allerdings machen sich die 24p Altstandard zunehmend als irritierend bemerkbar.

Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass der große Vorteil eines öffentlichen Kinos nicht mehr in der technischen Überlegenheit der Großen Bilddarstellung liegt (die ist ggü. dem Heimbereich inzwischen verloren), sondern im Nicht-Rücksichtnehmen-Müssen der Klangdarbietung im Schalldruck auf sich ggf. gestört fühlende Nachbarn zu abendlicher Stunde. Andererseits ist im Kino das Problem technisch noch ungelöst, Richtungsschall zum Bild von hinter der Bildwand ohne Tonlöcher zum Zuschauerohr zu bekommen; Tonlöcher in der Bildwand, die zu Interferenzen beim Bild führen, und zwar: je mehr je besser die Bilddarstellung ist. Schlicht fehlt durch Tonlöcher in der Leinwand Bildinformation (und zwar erheblich je besser und feiner die Bilddarstellung gerastert ist), andererseits kommt es zu Alias-Bildungen und Pseudo-Artefakten. 

Meiner Meinung nach entscheidet eine technische Weiterentwicklung auf diesem Gebiet mit darüber, ob das Kino weiterhin eine Zukunft haben wird. Dazu gehört natürlich zunächst, sich dieses Problems überhaupt erst einmal zu stellen und bewußt zu machen.

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