Montag, 30. März 2009

Demnächst in diesem Theater

Der März 2009 neigt sich dem kalendarischen Ende zu; Zeit für einen kurzen thematischen Ausblick bei den Berliner Kino-Perspektiven: Ich arbeite zur Zeit an einem Beitrag zum "Gravitations-Zentrum des Kinos" und freue mich auf die Transkription eines gründlichen Gesprächs mit Detlev Mähl aus Stuttgart zu seinem Lebensbericht nach dem Motto "Leben Live im Kino"; demnächst in diesem Theater!

ATRIUM

Abgesang einer Epoche: der letzte Melodist

Während die Radioprogramme (wie das DLR) bereits Nachrufe auf Maurice Jarre bringen, warten wir - bedingt durch die Zeitverschiebung - derzeit noch auf den Nachruf der NYT. In der Sonntagsausgabe der Druck-NYT hingegen ein lesenswerter Beitrag von Dave Kehr über die Blu-Ray-Edition von "The Robe" und auf die dritte DVD-Edition von "Classic Film Noir" des Produktionsstudios Eagle-Lion im Vertirieb von VCI Oklahoma. Für diejenigen Berliner, die schon immer mal ihre eigene Stadt näher kennenlernen möchten, ein Text von Nicholas Kulish in der NYT-Travel-Section "Cultured Traveler".

ATRIUM

Samstag, 28. März 2009

Ein Radio-Nachruf auf die Magnetbandzeit

Der Deutschlandfunk Köln sendet in Erstausstrahlung am 03. April 2009 zwischen 20.10 und 21 h ein Radiofeature mit dem Titel "Das Radio als Welterzähler" als "Nachruf auf die Magnetbandzeit", wie es im Untertitel der Sendung heißt. Die Autoren-Community unserer Buchveröffentlichung mit dem Titel "Zeitschichten - Magnetbandtechnik als Kulturträger" als Band 9 der Publikationsreihe "Weltwunder der Kinematographie" ist schon sehr gespannt darauf, wo welche Information verbreitet wird, die der Feature-Autor nur aus den "Zeitschichten" entnommen haben kann - und ob er die Quelle nennt!

ATRIUM

Donnerstag, 26. März 2009

Köln: aus Schaden wird man digital - und kann damit dann bestens zensieren

In der FAZ und der SZ jeweils auch online aktuelle Berichte zum Schadensstand der Bestände des Kölner Stadtarchivs.Dabei wird in dem Beitrag der SZ deutlich, dass beim Kölner Stadtarchiv erst seit rund einem Jahr dortige Bestände digitalisiert wurden, also so gut wie noch gar nichts gemessen an dem einstigen Gesamtbestand. Während im Bereich der Film- und Fernseharchive bereits seit rund 25 Jahren archivarisch umgespielt und letztlich auch digitalisiert wird, fangen die papierbasierten Archive anscheinend erst damit an. Aus Schaden wird man hoffentlich jetzt an anderen Orten klug. Zunächst wurde ja mit dem Argument der Mikroverfilmung des BRD-Kanons für den Freiburger Stollen beruhigt. Davon hört man derzeit in den Kölner Zwischenstandberichten beunruhigenderweise leider gar nichts mehr.

Dabei fehlt mir auch in den genannten Medien eine breite Diskussion über die Techniken, Technologien und - vor allen Dingen auch - Strategien der beabsichtigten Langzeitsicherung gerade unter den gegebenen Verlustaspekten durch katastrophische Einwirkungen. Ohne entsprechende Medienträger und deren technologische Neuentwicklungen bringt bedauerlicherweise auch Digitalisierung leider gar nichts. Andererseits können Digitalisierung und der tradierte Weg der digitalisierungsbasierten Mikroverfilmung sich ergänzen. Sehr fragwürdig wird der gesamte Kulturprozess der Digitalisierung allerdings dann, wenn man gleichzeitig das Fass der Zensur aufmacht, um politische Handlungsfähigkeit am untauglichen Objekt demonstrieren zu wollen, damit eben gerade vom generellen Fehlen an Handlungsoptionen in Zeiten katastrophischer Bifurkation abzulenken.

Das Aufpumpen der nicht mehr haltbaren Struktur durch 12-stelliges Gelddrucken im getakteten Tagesturnus verstärkt durch Retardierung den Krisendruck statt ihn zu beseitigen. Jetzt droht die Dynamik der Katharsis noch stärker zu werden.

ATRIUM

Dienstag, 24. März 2009

Photograph Pirkle Jones im Alter von 95 Jahren gestorben

Die NYT veröffentlichte am 23. März einen Nachruf auf dem Photographen Pirkle Jones, der bereits am 15. März im Alter von 95 Jahren verstarb. Pirkle Jones war Schüler von Ansel Adams und wurde mit seinen sozialkritischen Fotoreportagen über zu evakuierende Landschaften in Kalifornien und die politische Bewegung der "Black Panther" bekannt. Er genoß mit seiner stilistischen Mischung aus Landschaftlichkeit und sozial-dokumentarischer Dichte späten Ruhm. Es ist möglich, dass wir über ihn in diesem Blog in einigen Wochen noch mehr vernehmen können.

ATRIUM

Sonntag, 22. März 2009

CineFamily

Das Betreiberkonzept "CineFamily" für das 1942 erbaute "Silent Film Theater" in West Hollywood scheint mir ziemlich gelungen zu sein:
The Cinefamily is an organization of movie lovers devoted to finding and presenting interesting and unusual programs of exceptional, distinctive, weird and wonderful films. The Cinefamily’s goal is to foster a spirit of community and a sense of discovery, while reinvigorating the movie-going experience. Like campfires, sporting events and church services, we believe that movies work best as social experiences. They are more meaningful, funnier and scarier when shared with others. Our home is the Silent Movie Theatre, one of Hollywood’s most beloved and beautiful cultural landmarks. There, The Cinefamily will provide a destination spot for Los Angelenos and others to rediscover the pleasures of cinema. Built in 1942 by John and Dorothy Hampton, The Silent Movie Theatre ran for decades as the only fully functioning silent movie theatre in the country. It has been fully restored to its original, vintage 1940s art deco design, along with a brand new screen and sound system, to help a new generation enjoy the pleasures of cinema in a beautiful theatre.
Zur Offenheit des Kino-Konzeptes gehören Vermietungsangebote:
Rent The Silent Movie Theatre! Built in 1942, and located in the heart of Hollywood, the Silent Movie Theatre is a vintage Art Deco movie house, and a beloved cultural landmark. We’ve recently updated the theatre with a larger screen, state-of-the-art sound, more comfortable seating (including leather sofas) and gourmet concessions. The facilities include a stage, a gorgeous Spanish patio and an upstairs cappuccino lounge. We’ve got 35mm, 16mm and hi-def digital projection capabilities, and a top-notch PA for live presentations. Whether you’re throwing a concert, screening, wedding, lecture or private party, we offer a classic, intimate venue for your needs.

und eine Programmstruktur mit Pofil:

SILENT WEDNESDAYS
MUSIC THURSDAYS
FRIDAY DOUBLE FEATURES
FRIDAY MIDNIGHTS
EARLY SATURDAYS
LATE SATURDAYS

Das jeweils aktuelle Programm gibt es pdf-Download HIER.

ATRIUM
Bildquelle/Quelle der Textzitate: http://www.silentmovietheatre.com

Samstag, 21. März 2009

WSJ schreibt über 3-D und verwechselt CS mit Cinerama

Die Journalisten vom Wall Street Journal sind doch sonst nicht auch solche "Pflaumen", wie man es bei diesem Beitrag mit dem Titel "Can 3-D Save Hollywood?" fast annehmen muss:

http://online.wsj.com/article/SB123751033980990723.html

ATRIUM

Berliner Union-Film GmbH & Co KG insolvent

Wie Professional Production in ihrer neuesten Ausgabe berichtet, hat das traditionsreiche Berliner Produktionsunternehmen Berliner Union-Film GmbH & Co Studio KG am 18.02.2009 Insolvenz anmelden müssen. In den Tempelhofer Studios wurde nicht nur bekannterweise Dieter Thomas Hecks Hitparade produziert, sondern auch so berühmte Filmklassiker wie Langs "Dr. Mabuse", "Der Blaue Engel" und Käutners "Große Freiheit Nr. 7" gedreht. Die Sanierungsfähigkeit des Insolvenzfalls wird — nach Aussage von PP — vom Potsdamer Rechtsanwalt Christian Graf Brockdorff geprüft. Mich persönlich würde es nicht wundern, wenn daraus eine Potsdamer "Hauslösung" entstünde, zumal es vor kurzem ja großen Berliner Knatsch um die Weiternutzung des Flughafengeländes Tempehof als mögliche "Extension" des Babelsberger Freigeländes gegeben hatte.

ATRIUM

Im Dutzend billiger: Schneewittchen und die sieben Zwerg-Planeten

Das Herausarbeiten der Mythologie jener neuen Kleinplaneten, die zur Zeit "im Dutzend billiger" im Kuiper-Gürtel als "Trans-Neptun Objekte" gefunden werden, ist das Spezialgebiet von Philip Sedgwick in Arizona. Gerade wurde ein neuer, großer Kleinplanet am "Minor Planet Center" unter Mike Browns wissenschaftlicher, astronomischer Leitung entdeckt. Der neue Kleinplanet hat die vorläufige Bezeichnung "2007 OR10" erhalten (nach astronomischer Nomenklatur) und ihm wurde von Mike Brown der vorläufige Spitzname "Snow White" gegeben. "Snow White" gilt immerhin als fünftgrößtes KBO (Kuiper Belt Object).

Die mythologischen Ableitungen aus North Node und Perihelion kann man im Blog und mittels Mailing-Liste von Philip Sedgwick nachlesen. Eine Übersicht zu allen neuen bereits bekannten Zwegplaneten in ihrer mythologischen Einschätzung findet sich auf der Website von Philip Sedgwick.

ATRIUM

Signage Cinema: Kino der Beschilderung

Seit einigen Monaten kursiert das Schlagwort von der "Digital Signage", der digitalen Beschilderung, dem Ersatz der Druckplakate durch große elektronische, beleuchtete Displays. Liebe Kinofreunde: es wird bei Bankenwerbung in den Vorhallen der Geldautomaten nicht bleiben, vor allen Dingen dann, wenn das e-Paper farbig und die OLEDs farbstabil geworden sind. Es spricht nichts mehr dagegen, statt Werbespots oder "slide shows" in diesen e-Bilderrahmen auch kinematographische Werke zu präsensierten. Nach den hier beschriebenen "Underground Cinemas" und "Fernsehstuben" ist das die dritte Welle des Frontalangriffs auf den tradierten Kinobegriff und seine dahinter steckende institutionelle Verfaßtheit. Das ist natürlich für uns Berliner mit unserem ehemaligen "Ku-Damm-Eck" ein alter Hut, und auch die renommierte Architekturzeitschrift ARCH+ hatte im August 1991 über diese ästhetische Kombination architektonischer Gestaltung aus später Postmoderne und Post-Strukturalimus im Zuge ihrer "Fassaden"-Ausgabe bereits berichtet (siehe Cover links). Erst die technische Ausdifferenzierung in Produktstabilität, Modularität und Massenproduktion schafft sich hier nun neue Inhalte. Viele Fragen sind dabei natürlich komplett offen: zum Beispiel die Frage der öffentlichen Beschallung. Aber schon der Vorraum einer Bankfiliale schafft hier eine Mischform von Öffentlichkeit. Ruodlieb Neubauer berichtet in seinem Editorial der (relaunchten) März-Ausgabe von "Professional Production" in einem Zitat von Ulrich Spaan davon, dass "Digital Signage" nur dann funktioniere, "wenn nicht bloß ein paar Bildschirme mit Werbung drauf in einem Geschäft aufgestellt werden. Man benötige vernünftigen Content." Und das heißt in der Lesart von Neubauer eben "Lokalfernsehen" in einem Geschäftslokal. Als öffentliche Einrichtung steht es als Mitbewerber um den Markt der bewegten Bilder und umzingelt wie "Underground Cinemas", "Fernsehstuben" und "Public Viewing Areas" das klassische, niederlassene Kino. Zu klagen und zu meinen, dass der ganze Spuk schon wieder vorbei ginge, wird wohl nicht helfen. Neue Konzepte und Strategien des Kinos sind gefragt.

ATRIUM
Bildquelle: archplus.net; die betreffende ARCH+-Ausgabe Nr. 108 über "Fassaden" ist leider vergriffen.

Berlin und Frankfurt/M.: Semantische Unterschiede in der Repertoirepflege

Das am Mittwoch zuendegegangene 70mm-Filmfestival in Frankfurt am Main, teils auf Filmkopien der umfangreicheren Berlinale-Retrospektive aufbauend und somit das dortige "Bigger than Life"-Motto übernehmend, zeigte in seiner Beschränkung auf das Machbare klare Akzente und Qualifikationen, die m.E. im Berliner Museums-Establishment unter den Mühlsteinen der Hauptstadtarroganz nur belächelt würden:

Wurden in Berlin die Mitbringsel befreundeter Studiorestaurateure, d.h. leider zur Gänze unter den Kinematheks-Veranwortlichen ungesichtete (!) Neukopierungen, den Restaurations-Zauberern blindlinks wie warme Semmeln aus den Händen gerissen (und in vorauseilender Unterwürfigkeit noch als "wundervolle Restaurierungen" vor gespanntem Publikum angepriesen - was sich zu 80% als Makulatur erwies, denn der Großteil der gezeigten Versionen konnte ob seiner massiven Farbunstimmigkeiten, des mangelnden Szenenausgleiches oder dunkel absaufender Details bestenfalls als festivaluntaugliche "Nullkopierung" bewertet werden) - , so blieben die Frankfurter den Prinzipien der Wahrheitssuche treu.

Es geht mir, um einen Kardinalfehler des Berliner Event-Managements anzusprechen - in dieser Kritik asudrücklich um den Mitteleinsatz bei der Werbung und den Begriff des "Originals". Diese Nachfrage finden manche albern, sie ist aber nicht ohne Konsequenzen für die Ausformung unserer Geschichtsbilder und Wertvorstellungen.
Vorbildlich in der Abwägung des Echtheitsbegriffs erscheint mir die in Frankfurt auch anders klingende Ankündigung eines 70mm-Festivals, siehe S. 14, rechte Spalte: http://www.deutschesfilmmuseum.de/pre/res/pdf/kino/pro-03-2009.pdf
Daran gibt es nichts zu beanstanden - schön, wenn es nur überall so wäre, insbesondere in der Berliner Potsdamer-Platz-Kultur.

Als Echtheit bezeichnet man die Übereinstimmung einer Sache oder Aussage zwischen ihrem Anschein und den tatsächlichen Verhältnissen. Daraus bestimmt sich auch der Nutzen als geschichtlicher oder rechtlicher Beweis. In der Philosophie entspricht diesem Konzept die Wahrheit.
Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Echtheit

Unter den dennoch nicht restlos beglückenden Bedingungen der Bewegung der Studio-"Black Box Cinema"-Bewegung war es schließlich ein film- und kinokundiges Museumsteam in Frankfurt, das den "filmdiskreditierenden" Faux Pas der Berliner Retrospektiven-Verantwortlichen geschickt zu umschiffen verstand. Zum einen wurde schon im Vorfeld deklariert, daß es sich bei nicht wenigen Restaurierungen nicht um das Original handelt und somit "kleinere Abstriche" zu akzeptieren seien, zum anderen wurden gänzlich verunglückte Neukopierungen von Foto Kem wie "West Side Story" und "Lawrence of Arabia" (also die Flaggschiff-Titel der Hauptstadt-Retrospektive), die selbst in den Augen von 70mm- oder Farbfilm-unkundigen Laien einer Hinrichtung der beiden Klassiker gleichkamen, von vorneherein aussortiert und stattdessen etwas ältere, jedoch farblich, kontrastmäßig und schärfebezogen überlegene Archivkopien eingesetzt, die der Berliner Kinemathek trotz vergleichsweise leichterer Verfügbarkeit nicht eines Blicks wert waren.

Der allerdings kleinere Kinosaal des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt wirkt dennoch wie eine Antithese zur Diktion der Breitwandepoche - nicht zuletzt war es der frühere Direktor Schobert leider Gottes (er war früher Pfarrer und zuletzt Whisky-Experte), der vor fast 30 Jahren auf noch spartanischere Räumlickeiten drängte, während die Kinomacher es rechtzeitig noch vermochten, eine Rampensteigung und auch eine etwas größere Bildwand als vorgesehen durchzusetzen.

Erfreulich war hier immer wieder auf den 70mm-Festivals des Deutschen Filmmuseums - unter der Aura einer Studio- oder Laborsichtung einzuordnen - das Projektionsbild in seiner absoluten Formattreue. Wurden in Berlin im 'CineStar 8' die Bildseiten zur Apec Ratio von 2.0 : 1 beschnitten und im 'Kino International' einfach der Kopf- und Fußraum "weggesäbelt" - der bei einer Aspect Ratio von etwa 2.35 fast schon die Rückkehr der CinemaScope-Retrospektive von 1993 befürchten ließ - so vermochten es die Frankfurter in allen Vorstellungen, völlig unbeschnitten ihr 70mm-Format zu projizieren: gerade die Bildhöhe konnte nahezu bis an die Limits des Bildstrichs genutzt worden und die Bildkomposition, die in Berlin arg beeinträchtigt wurde, konnte in ihren würdigen Urzustand zurückzuversetzt werden. Hier konnte man förmlich aufatmen und die Bilder, so wie sie im Original kadriert waren, genießen.

Nachdem selbst eine der schmerzhaftesten Berlinale-Sünden, die Auswahl einer mehrfach "gedupten" und zudem noch seitlich beschnittenen BEN HUR-Fassung aus Melbourne (welche im 'Kino International nochmals in der Bildhöhe beschnitten wurde und somit vom Originalformat allenfalls 60% noch übrigließ) auch in Frankfurt nicht mehr abbestellt werden konnte, aber die Vorführung dieser Filmrollen entzückte dennoch durch die perfekt präsentierte Tongüte einer überragend abgemischten und überspielten Tonmischung in originalen 6-Kanal Magnetton - dies entgegen den üblichen DTS-Migrationen auf neuzeitlichen Kopien, deren Prägnanz und Direktionalität oftmals leidet. War das Bild der australischen Kopie in auffälliger Weise dunkel, grünstichig und "pockennarbig" entstellt in seiner Kornstruktur, sso konnte man sich zumindest bei geschlossenen Augen dem breitesten aller Breitwandfilme hingeben (und synästhetisch die Bilderfahrungen der Jugend vor dem inneren Auge Revue passieren lassen). Auch überraschte die Kraft und Klarheit des Effektton-Kanals bei BEN HUR, der in Berlin regelrecht unterschlagen wurde, da sich die Surround-Speaker-Anlage als unzureichend erwiesen hatte.
Leider hatte der Berliner Retrospektivenleiter Rother diverse Hinweise auf eine formatgetreue, vom Kameraoriginal kopierte und weitgehend farbakzeptable BEN HUR-Kopie der befreundeten norwegischen Kinemathek (nach deren Wünschen doch extra die Projektionsanlage des 'Kino International' ausgetauscht wurde!) in seiner Unbedarfheit übergangen und hatt stattdessen mit der australischen Kopie die opitsch denkbar schlechteste gewählt.

Leider schafften die beiden einzigen, in ihrer Bildgüte akzeptablen Neukopierungen, nicht nach Frankfurt: für die die Titel HELLO DOLLY (und offenbar auch LORD JIM) soll Hollywood Classics, die für Deutschland die Unterlizenzen halten, nach dem Berlinale-Hype kaum erfüllbare Mindesgarantien erwartet haben.

Dafür wurde am Main aber das Kurzfilmprogramm um den auf der Berlinale offenbar gemiedenen TOUR EIFFEL (des Berliner Filmregisseurs Veit Helmer) und um den spektakulären Werbefilm SHELLARAMA des engagierten Stuttgarter Filmsammlers Hans H. ergänzt - übrigens mit erstaunlichem Besucherzuspruch.

Größeres Unglück traf die Frankfurter eben so unerwartet wie auch unverdient, als auch hier FLYING CLIPPER zum Desaster wurde. In Berlin noch als Folge der katastrophalen technischen Herrichtung und Wartung herbeigeführt (so fiel einer der mangelnd gewarteten Filmprojektoren des 'CineStar 8' hier aus und ein Service war nirgendwo erreichbar), wurden die Frankfurter von einer inkompatiblen CD-Rom für das DTS-Tonverfahren überrollt, die in der Hektik des Versandes vertauscht worden war. Der Digital-Player versagte somit wieder einmal seinen Dienst - was uns neuerlich lehrt, wie stabil und universal einsetzbar einst einmal die Formate der analogen Projektionstechnik doch waren, die einen derartigen Totalausfall wohl verhindert hätten.
Dabei hätte diese Vorführung des ersten deutschen 70mm-Farbfilms ein Event werden können: im Gegensatz zur zwar neuen, leider noch total blaustichigen, fast monochromen Premierenkopie, die in Berlin einzelaktweise des Nachts durchgejagt wurde, stand für Frankfurt eine "brandneue" Kopie des Bundesarchvis mit massiven Farb-Korrekturen zur Verfügung. Tröstlich immerhin bleibt, daß diese Vorführung am 13.4.2009, am Ostermontag, in Frankfurt nachgeholt wird, während von weiteren Einsätzen des Films noch in 2009 leider nichts bekannt ist.

Zu dreiviertel voll waren die Vorstellungen von WEST SIDE STORY (mit ultrascharfer, 1992 von Robert Wise im Licht- und Farbausgleich überwachter 70mm-Neukopierung) sowie die allerneueste Dupkopierung von CLEOPATRA, die jedoch dem Farbkonzept Leon Shamroys widersprach, rostbraune Hauttöne und absaufende Schatten präsentierte( das ist nachweisbar anhand der hervorragenden DVD, die allerdings nur vom 35mm-Interpositiv transferiert wurde, dennoch aber als farbgetreu zur 70mm-Premierenkopie anzusehen ist) - und die nichtsdestotrotz das mit scharfen Breitwandbildern heute eher entwöhnte Publikum unterschwellig erreichte.
Ausverkauft waren wie gewohnt Vorstellungen von PLAY TIME, 2001: A SPACE ODYSSEY und LAWRENCE OF ARABIA, deren Neukopierung leider nicht immer im adäquaten Verhältnis zum hohen Zuspruch dieser Filme ausfällt.

Die Individualität der frankfurter Schaukastenwerbung (in Berlin hielt es die Deutsche Kinemathek nicht für nötig, auch nur ein einziges Filmplakat oder Foto auszuhängen) aber auch die Eigenständigkeit der Programmtexte zeigte wieder einmal deutlich, daß Frankfurt mit seinem Filmmuseum einen avancierteren Umgang mit dem Repertoire - auch auf einem schwierigen, ihrem mittlerweile vierten 70mm-Filmfestival - unter Beweis stellen konnte: http://www.deutschesfilmmuseum.de/pre/print.php?main=70mm

CINERAMA
Korrespondentenbericht aus Frankfurt am Main

Freitag, 20. März 2009

Berlin, vor Ort: Die Verzeitlichung des Raumes nochmals verörtlicht. "Manoel de Oliveira. Das Lebenswerk des Filmregisseurs" in der AdK

Die Erkenntnis, dass das Kino die Zeit verräumlicht und den Raum verzeitlicht, ist Arnold Hauser zuzuschreiben, jenem Arnold Hauser, dem wir die "Sozialgeschichte der Kunst und Literatur" verdanken, einem der großen, seit Jahrzehnten übergangenen, deutschen Filmkunst-Theoretiker.

Bei der "M.O"-Ausstellung in der AdK am Hanseatenweg wirkt die zentrale Aussage Hausers gleichsam aufgegriffen, in dem die Zeit-Kunst de Oliveras nochmals am Beispiel seines Lebenswerks verörtlicht wird. Das übergreifende Ausstellungskonzept, die Filmbilder in Werkausschnitten selbst wirken zu lassen, ohne geschwätzige und pseudo-allwissende Kommentare darüberzulegen, wird noch überhöht, indem es bei zentralen Werkblöcken entweder zur nebeneinander gelegten Duo-Projektion zweier Filmwerke in Videobeamer-Projektion kommt, die thematisch sich ergänzen (wie im Falle von "O Pintor e a Cidade" und "As Pinturas do meu irmåo Júlio", Films on Art) — oder aber es im anderen Falle zu einer gleich vierfachen Nebeneinander-Ausstellung derselben Werkausschnitte in zeitlich verzögerter Reihenfolge auf größeren Flachbildschirmen kommt. Damit wirken diese "Exponate" gleichsam wie ein lebendiges Storyboard. Auch die Übereck-Projektion von zwei zeitlich verschobenen, inhaltlich aber gleichen Filmausschnitten aus dem Neorealismus-nahen "Aniki-Bóbó" ergänzt dieses Ensemble.

So konsequent habe ich dies in noch keiner Ausstellung über einen Filmkünstler bislang erleben können. Die Ausstellung lebt von der Luftigkeit und räumlichen Großzügigkeit, die so auch die Stimmung der Filmwerke aufnimmt, Werke also, die einem als Zuschauer selber Raum geben und die darin von der großzügigen Modernität jener Ausstellungsräumlichkeiten im Saal 2 der AdK am Hanseatenweg in bester Weise unterstützt werden.

Das Ausstellungskonzept des Kurators Joâo Fernandes aus Porto wirkt rundherum überzeugend und begründet einen Standard für die Möglichkeiten der Werkrepräsentanz von Filmkünstlern in Ausstellungen, wozu auch das gedämpfte Licht und die Reduziertheit von schriftlichen Artefakten in Schaukästen beiträgt: immerhin, man kann die Handschrift von de Olivera einsehen, sieht wie eine seiner Drehbuchseiten sich darstellt, eine gezielte Auswahl an Filmplakaten setzt das Sentiment der vergangenen Zeit.

In der geomantischen Mitte der Ausstellung steht ein 35-mm-Projektor in voller Montur, der rattert! Ein Geniestreich! — Ich hatte bereits 1995 zur "100 Jahre Film"-Ausstellung bemängelt, dass man kein Filmmuseum ohne Kino in seiner Mitte betreiben kann. Wie selbstverständlich steht hier ein ratternder Filmstreifenprojektor, der das Debut von M.O "Douro, Faina Fluvial" aus dem Jahre 1931 von Filmkopie den ganzen Ausstellungstag lang ununterbrochen zeigen soll, eingebaut als Minikino in einen von der übrigen Ausstellung an drei Seiten abgesetzten Kasten und flankiert rechts und links mittels Flachbildschirm-Ausschnitten von "Mann mit der Kamera" und “Symphonie einer Großstadt".

Natürlich gibt es auch bei einem rundherum gelungenen Ausstellungskonzept Probleme in Detailfragen, die eben jene Gelungenheit des Entwurfs gleich wieder in Frage stellen. Der Teufel steckt im Detail und bei Kinoangelegenheit steckt er zumeist in der beteiligten Kinotechnik. Und von solchen Detailproblemen gibt es in dieser Ausstellung bedauerlicherweise einige. Ich gehe hier darauf jetzt etwas näher ein, nicht etwa um die Ausstellungsmacher oder ihre Realisateure diskreditieren zu wollen, sondern aus reinem Lernnutzen für weitere Ausstellungsrepräsentanzen von Filmkünstlern.

Es war erklärtes Ziel der Ausstellungsmacher, einen 35-mm-Filmprojektor mit Endlosschleife den ganzen Ausstellungstag über im Zentrum der Ausstellung laufen zu lassen — und für die Ausstellung wurde eine neue Filmkopie auf Polyestermaterial gezogen. Diese Endlosschleifen-Einrichtung sollte selbst Raumskulptur sein; insofern verbot sich für die Ausstellungsmacher die wesentlich teurere Lösung mit einer Großteller-Anlage für Endlosschleifenprojektion, etwa aus dem Hause der Fabrikationsmarke Kinoton. Es sollte auch kein extra Filmvorführpersonal eingeplant werden, daher Endlosschleifen-Betrieb. Die Experten unter unseren Lesern hier ahnen sicherlich bereits schon, was jetzt kommt: Polyester lädt sich in einem Maße elektrostatisch bei Reibung auf, dass es zu Betriebsstörungen kommt und im Zweifelsfalle als zerreißfestes Material den Projektor grundlegend beschädigt und die Endlosschleifeneinrichtung gleich mit.

Auf diesen Umstand hat der erfahrene Realisateur dieser kinotechnischen Anlage, Olaf Saeger von der Berliner Firma Filmkunsttechnik bereits bei der Konzeptionsphase der kinotechnischen Realisation dieser Ausstellung eindringlich und frühzeitig hingewiesen und dringend um das Ziehen einer Filmkopie auf Acetat-Material gebeten. Diesem Wunsch wurde allerdings nicht entsprochen, was jetzt dazu führte, dass man Herrn Saeger vor Ort in der Ausstellung beim ständigen Nachjustieren der filmtechnischen Projektionseinrichtungen praktischerweise Fachfragen stellen kann und auch beantwortet bekommt. Obwohl anders geplant, hätte man also, wenn jetzt schon während der Ausstellungsöffnungszeiten jemand mit Fachkunde vor Ort sein muss, natürlich auch gleich einkalkulieren können, nicht nur einen einzigen Film manuell im Rollenbetrieb mit Rückspulung zu zeigen, sondern aus der genialen wie einfachen Grundidee, ein Filmkino in die Mitte einer Filmkünstlerausstellung zu legen, auch gleich eine kleine Restropsektive von Filmwerken de Oliveras nach Programmansage hinbekommen können. Hier wurde bedauerlicherweise am falschen Ende gespart, zumal man wirklich im mehrfachen Vergleich den Unterschied zwischen einer Beamerprojektion und einen filmstreifenbasierten Originalprojektionen sinnlich vor Augen geführt bekommt.

Andererseits machen die Filmhäppchen der Ausstellung (bei mir jedenfalls) so viel Lust nach mehr (insbesondere die bereits genannten Werke), dass ich mir gewünscht hätte, diese Werke auch auf einer oder mehreren DVDs mit nach Hause nehmen und in ganzer Länge genießen zu können. Diese Option gibt es leider auch nicht. Ein weiteres, fehlendes, "falsches Ende" besteht darin, dass es keine Online-Zone gibt, in der man mittels eines LAN, eines Servers und von Sichtungsplätzen aus, sich um einzelne Filme vor Ort als Zuschauer widmen kann.

Wirklich gestört haben mich an der Ausstellung hingegen folgende Dinge:

# Die Lesbarkeit der Texte auf getöntem Papier in kleiner Schrift bei stark gedämpftem Licht ist nicht gegeben. Hier hätte man dezent nachleuchten können. Es gibt zwar einen gedruckten Ausstellungsführer (lag heute nur in Englisch vor), der nützt einem bei dem gedämpften Licht auch nicht viel (und damit erst hinterher).

# Es kam bei bei M.O's Maschinenfilm-Collage in einem Fall (bei "O Pao") zu einer 4:3/16:9-Quetschung, die unnötig war, weil man sie hätte leicht erkennen und beseitigen können.

# Es wurden NEC 1-Chip-DLP-Projektoren als Videobeamer eingesetzt. Der Regenbogen-Effekt war gering aber vorhanden. Kinematographische Werke in ausstellungskuratorischer Verantwortung mittels 1-Chip-DLP-Projektoren projizieren zu wollen, ist unverantwortlich. Vergleichbare LCD-Projektoren hätten nicht wesentlich mehr gekostet.

# Der Ausstellungskatalog ist zwar schön gestaltet und gedruckt; es fehlen jedoch sowohl eine Kurzbiographie wie auch eine Filmographie, die diesen Namen verdient, die also neben Filmtitel und Jahreszahlen auch Längen- und Laufzeitangaben, Erstaufführungstermine und technisch-kreatives Personal benennt. Vor dem Hintergrund der fehlenden Silberscheiben-Edition schmerzen die fehlenden Angaben zu Rechteinhabern und Vertriebsorganisationen. Zumindest die Angabe des Geburtstages von Manoel de Oliveira würde ich in einem Ausstellungskatalog genannt wissen wollen.

Dass es sich bei M.O um einen ganz und gar eigenwilligen Geist handelt, der allerdings auch Zeitströmungen und gesellschaftliche Einfärbungen seiner Heimat reflektiert hat, kann man bei dieser Ausstellung, die noch bis 29. März geöffnet hat, gut nachvollziehen. Dem trägt ein hervorragendes Soundkonzept bei, mit seiner Mischung aus Lautsprecher-Beschallung, Kopfhörern und Engfeldbeschallungsflächen. Es kommt bei so viel Filmpräsenz gleichzeitig nie zu einer Kakophonie, wie wohltuend. Und das sanfte Surren des Filmprojektors, wenn er denn in Betrieb ist, leistet selbst Einfühlungsunterricht.

Wie schön diese Ausstellung ist, merkt man im übrigen erst, wenn man sie verlassen muss und dazu durch eine dunkle, wilde Beamer-Exposition mit schlechten videographischen Tanzdokumentationen hindurch muss (in Saal 1 der AdK), die einem zeigen, wie man besser keine Filme macht. Damit ist nichts über die dargestellte Tanzkunst gesagt, aber alles über deren filmische Repräsentanz. Noch schlimmer ist allerdings die Tatsache, dass man dabei durch einen beamerbedingten "Regenbogen-Tornado" hindurch muss. Warum sind manche Ausstellungskuratoren in ihren Sinnen so stumpf?

Jedenfalls bot sich in den Wandelhallen der AdK zugleich die nützliche Gelegenheit zu einem Pressegespräch mit einigen Vertretern des neuen "Kinomuseum Berlin e.V." zur strategisch-programmlichen Ausrichtung und geplanten Umsetzung von Projektentwürfen. Man darf also in Berlin gespannt bleiben. Von den Besucherzahlen hätten es bei der M.O-Ausstellung schon mehr als die rund 50 täglichen Besucher sein können, zumal der Eintritt dort in unserer allgemein verteuerten Kulturlandschaft frei war. Man hofft am Hanseatenweg also auf rund 1.500 Ausstellungsbesucher, wenn man vom Staatsbesuch zur Vernisage einmal absieht. PS: M.O wurde entweder am 11. Dezember 1908 (Quelle: imdb.com) oder am 12. Dezember 1908 (Quelle: Ausstellungsfaltblatt) in Porto (Portugal) geboren, wahrscheinlich eine Mitternachtsgeburt, die mit traumwandlerischer Sicherheit zum Film gefunden hat.

ATRIUM
Foto-Quelle des Bildes von Manoel de Oliveira hinter der Arriflex: © Manoel de Oliveira Archiv, Porto

"The Believer" 2009er Filmausgabe mit DVD "JLG in USA"

Das Kulturmagazin "The Believer" mit Redaktion und Verlag in San Francisco bringt in seiner März/April-Ausgabe regelmäßig ein Schwerpunktheft zu Film- und Kinothemen heraus zusammen — und das ist der Clou — mit einer Supplement-DVD. Letztes Jahr war das der erste Teil eines crazy Essayfilms, und zwar Slavoj Zizeks verrückte, extreme, wahre Filmanalyse The Pervert’s Guide to Cinema.

Heuer ist nun eine Film- und Fotofilm-Sammlung zum Thema "Jean-Luc Godard in den USA" Thema der Supplement-DVD.

Das Inhaltsverzeichnis dieser Magazinausgabe mit einer illustren Mischung an Beiträgen findet sich HIER.

Einige der Print-Artikel sind auch online zu lesen (zum Teil gekürzt), insbesondere zu empfehlen ist — zum Abschied vom "physischen Kino" — der Beitrag von C.S.Leigh mit dem Titel:
CONTEMPLATING THE NEW PHYSICALITY OF CINEMA
MOURNING THE DEATH OF THE FETID, HUMAN WAY WE USED TO INTERACT WITH MOVIES

DISCUSSED: Black-Market Videotape, The Despised Anglo-American Market, Terrence Malick’s Bedroom, Dark Basement Cinemas (also in Berlin), The Cinema Village, The Carnegie Hall Cinema, The Notting Hill, The Accatone in Paris, The Old Cinémathèque Française in Paris, Steenbecks, Le Havre

ATRIUM
Bildquelle: believermag.com

Donnerstag, 19. März 2009

Die Überwindung des Urheberrechts durch Digitalisierung

Heute sowohl bei taz.de als auch bei faz.de je ein Beitrag zur

Zukunft der Google Buchsuche mit einer "bahnbrechenden Vereinbarung" von Google "mit Autoren und Verlagen"

Bei taz.de lautet die Überschrift des Beitrags: "Open Enteignung durch GoogleBooks"

und bei faz.de: "Die Google-Strategie — Das Teuflische an diesem Plan"

Die Vorstellung, dass Digitalisierung keine Vervielfältigung im Sinne der Urheberrechte von Nationalstaaten mehr ist, hat in der Tat etwas bahnbrechendes. Es bleibt, darauf zu warten, bis die normative internationale Praxis auch normativ für die hier geltenden Urheberrechtsauffassungen sich durchsetzt und nicht nur auf "Bücher" beschränkt bleibt. Davon unberührt bleiben die in den beiden Beiträgen aufgeworfenen Fragen zum Langzeiterhalt der Digisate und zur Langzeitzugänglichkeit des Netzes unter besonderer Berücksichtung des Energieverbrauchs an verwertbarer Energie gemäß der Thermodynamik.

ATRIUM

Sebastian Eck

Sebastian Eck, geboren 1983, ist der neue Stern am Sprecher-Himmel. Die Redaktionsleitung der "Kulturzeit" auf 3SAT hat ihn vor einigen Wochen zum Off-Sprecher für die von der 3SAT-Redaktion selbst produzierten Beiträge gekürt und man darf der Redaktionsleitung von 3SAT dazu nur gratulieren: Pahh, eyh! Endlich wieder eine markante Stimme im Äther. Sebastian Eck's stimmliches Timbre hat dabei die Markanz einer Mischung aus Arnold Marquis und Zarah Leander und wird sicherlich noch weiter reifen.

Endlich "spielt" in der Sprecher-Liga wieder einer auf dem stimmlichen Niveau von Sprecher-Giganten wie Gert-Günther Hoffmann, Arnold Marquis, Edgar Ott, F.W. Bauschulte & Niels Clausnitzer und kann auch noch richtig Sprechen! Es ist sehr zu hoffen, dass Sebastian Eck auch "Cover" im Synchronbereich finden wird, um dabei mitzuhelfen, das in Deutschland seit zwei Dekaden vorherrschende "Stimmsoßenkartell" zu beenden. Denn es macht seit rund 20 Jahren wirklich keinen Spaß mehr, deutsche Synchronfassungen mit diesem verwechselbaren und kontourlosen Einerlei an Stimmen anzuhören. Eck könnte mithelfen, dies erfolgreich zu beenden. Toi, toi, toi - also. Sebastian Eck ist als Sprecher buchbar unter:

http://www.sebastian-eck.de

und hoffentlich auch bald recherchierbar bei den Kollegen von der Deutschen Synchronkartei, die ich heute links in die Linkliste mit aufgenommen habe.


ATRIUM
Photo-Link: http://www.sebastian-eck.de/pages/images/stories/sebastianeck/vor_mikrofon_b.jpg

Fernsehstuben

Heute im Berliner Tagesspiegel ein Beitrag von Sebastian Leber über die neue Mode von Fernsehstuben in Berlin und Hamburg, die mich noch mehr als an die frühen Fernsehstuben aus der technischen Innovationsepoche doch auch etwas an die Theatergeschichte des Berliner Rose Theaters erinnern: Live-Show und Gastronomie als Volksbelustigung und Familienausflug. Das hatte einst den Schauspiel- und Musik-Theatern nicht wirklich geschadet; ob die derzeitige Flut von aufkommenden Fernsehstuben, Public Viewing Areas und Underground Screens dem klassischen Kinoerlebnis zuträglich ist, darf allerdings bezweifelt werden.

Mit dem Verlust der Exklusivität an kinematographischen Werkdarbietungen im 35mm-Format (und natürlich auch bei 70mm und 16mm) geht dem klassischen Kinobegriff seine Identität verloren. Jetzt scheint die "Phasenverdrehung" eher darin zu liegen, nicht mehr einen Zugang zu "Verleihkatalogen" und "Repertoirelisten" erhalten zu müssen und damit aus einem bislang stets begrenzten Kopienangebot seinen Marktanteil zu generieren, sondern vielmehr sich im digitalen Post-Knappheits-Zeitalter aus dem audio-visuellen Gesamtangebot aller Zeiten seinen eigenen Kuchen zu backen. sein Profil zu schärfen und ein Stammpublikum im klassischen Sinne zu kreieren. Dabei ist man derzeit, wie wir in dem Tagesspiegel-Beitrag entnehmen können, bei Heidi Klum, ARD-Tatorten und den bereits anderweitig bekannten Exklusiv-Übertragungen aus der New Yorker Met gedanklich angekommen. Nach diesen ersten Gehversuchen scheint mir aber noch sehr viel mehr möglich zu sein. Welche Rolle das Kennenlernen und Wieder-Erfahren von Filmgeschichte dabei noch und wieder einnehmen kann, darf praxisbezogen austariert werden. Und alles hängt dabei an der Frage einer praktikablen Lösung von Rechte-Zugängen.

ATRIUM

Dienstag, 17. März 2009

Tagung: Filmarchive und Digitalisierung — zwischen Langzeitsicherung und Zugänglichkeit

Auf Schnelligkeit kommt es außer in Notfällen und bei Katastrophen nicht besonders an, vor allem, wenn es um Genauigkeit geht. Dennoch sind wir hier bei den "Berliner Kino-Perspektiven" natürlich happy, dass wir die nächste Tagung des Stuttgarter Haus des Dokumentarfilms unter dem Titel

"Ist der Dokumentarfilm noch zu retten ? — Digitale Herausforderung seiner Archivierung"

bereits heute und damit wahrscheinlich als erste Publikationsplattform ankündigen dürfen, sogar noch vor der Ankündigung dieser Veranstaltung auf der Website des HDF.

Gerade unter dem Gesichtspunkt der Meldungen aus Köln sowie der künftig papierlosen Nachrichtendistribution hat diese Tagung nicht nur für den Dokumentarfilm grundlegende Bedeutung. Als Forum dienen die Veranstaltungen des "Haus des Dokumentarfilms" zudem nicht primär Industrieinteressen, dies gerade unter dem Gesichtspunkt, dass wir auf dieser Veranstaltung im April auch Martin Koerber von der Deutschen Kinemathek in Berlin intensiv zuhören werden, warum sich beispielsweise die Deutsche Kinemathek in Berlin bislang nicht an dem Babelsberger Cinearchiv-Projekt beteiligt hat.

Hier zunächst nun der Wortlaut der Pressemitteilung des Haus des Dokumentarfilms in Stuttgart:

HAUS DES DOKUMENTARFILMS
Europäisches Medienforum Stuttgart
www.hdf.de


Ist der Dokumentarfilm noch zu retten?
Digitale Herausforderungen seiner Archivierung


Untersuchungen haben gezeigt, dass aktuell nicht einmal die Hälfte der produzierten Filme eines Jahres in Archiven lagern. Die Diskussion um eine Pflichtangabe wie in anderen Ländern zeigt, dass auch politisch über Lösungen nachgedacht wird.

Wie können Dokumentarfilmer ihre Filme sichern? Ist eine Erhaltung des kompletten gedrehten Materials möglich? Wie wird in den Produktionsfirmen das Material gesichert? Besteht die Gefahr, dass dokumentarisches Material mittelfristig unwiederbringlich verloren geht, da es elektronisch gedreht wurde?

Die Digitalisierung stellt Film- und Fernseharchive vor besondere Herausforderungen. Es stellen sich grundsätzliche Fragen nach Aufgaben und Funktionen der Archive. Sollen sie die Filme in erster Linie bewahren und für die Zukunft sichern? Oder sollen sie die Filme vor allem zugänglich machen? Wie soll man mit der Vielfalt digitaler Formate und Techniken umgehen? Wie kann garantiert werden, dass die Träger mittelfristig noch abspielbar sind? Spezialisten sind sich einig, dass das 35 mm-Negativ die bisher einzige langfristige Speicherung ermöglicht. Doch wer trägt die Kosten dafür? Strategien von Archiven im europäischen Ausland können Anregungen für Lösungswege liefern. Die Digitalisierung und das Internet bieten andererseits große Chancen für die Archive, ihre Kataloge und Bestände online zu präsentieren und so neue Nutzer zu erreichen.

Die Tagung soll dies breite Themenspektrum diskutieren und einen produktiven Dialog zwischen Film- und Fernseharchiven, Regisseuren und Produzenten ermöglichen.

Termin: 22. und 23. April 2009
Ort: Treffpunkt Rotebühlplatz, Rotebühlplatz 28, 70173 Stuttgart
Theodor Bäuerle Saal, Info-Tel: 0711/ 18 73 804
Teilnahmegebühr: 50.- €; ermäßigt 30.- €
Anmeldung: uta.ludwig@swr.de


Und hier der genaue Programmablauf der Tagung im Stand von heute:


HAUS DES DOKUMENTARFILMS
Europäisches Medienforum Stuttgart 

www.hdf.de

Ist der Dokumentarfilm noch zu retten?
Digitale Herausforderungen seiner Archivierung

22. und 23. April 2009
Treffpunkt Rotebühlplatz, Rotebühlplatz 28, 70173 Stuttgart

Theodor Bäuerle Saal, Info-Tel: 0711/ 18 73 804
Teilnahmegebühr: 50.- €; ermäßigt 30.- €

Mittwoch, 22. April 2009:

11.00 Begrüßung Egon Mayer, Vorsitzender HAUS DES DOKUMENTARFILMS e.V.

11.15-13.00 Bestandsaufnahme Dokumentarfilm in Archiven
Moderation: Kay Hoffmann, HAUS DES DOKUMENTARFILMS

Michael Loebenstein, Filmwissenschaftler Österreichisches Filmmuseum, Wien: Die Aktualität der Geschichte. Dokumentarfilm im Filmarchiv, oder: Hat Langzeitsicherung oder Access Priorität?
Karin Kühn, Referatsleiterin Dokumentarfilm Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin: Zum Stand der Dinge: Dokumentarfilme im Bundesarchiv. Hinterlegung und konservatorische Sicherung
Martin Koerber, Deutsche Kinemathek, Berlin: Herausforderungen für den Filmarchivar
Thorsten Jeß, Kiel: Dokumentarfilme erhalten aus Sicht eines Filmemachers

13.00-14.30 Mittagspause

14.30-15.30 Diskussion: Zwischen Bewahren und Verwerten
Moderation: Wilhelm Reschl, HAUS DES DOKUMENTARFILMS

Thomas Frickel, Vorsitzender AG DOK, Frankfurt
Karl Griep, Leiter Filmarchiv im Bundesarchiv, Berlin
Andreas Knoblauch (angefragt), GF CineCentrum, Hamburg

15.00-16.00 Kaffeepause

16.00-18.00 Strategien der Fernseharchive
Moderation: Kay Hoffmann, HAUS DES DOKUMENTARFILMS

Catherine Lacken, SWR, Stuttgart:
TV Archives Between Analog Past and Digital Future
André Wachholz (angefragt), Schwedische Nationalbibliothek, Stockholm
Daniel Teruggi, INA, Paris: Digital Perspectives in France
Sabine Lenk, Nederlands Instituut voor Beeld en Geluid, Hilversum:
iMMix and New Media Experience in Holland

ab 18.30 Get Together (Selbstzahler)
Gaststätte „Trollinger“, Rotebühlstr. 50, 70178 Stuttgart

Donnerstag, 23. April 2009:

10.00-13.00 Neue Produktionstechnik und Archivierung digitaler Formate
Moderation: Anita Bindner, HAUS DES DOKUMENTARFILMS

Wolfgang Richter, docfilm, Darmstadt: B
Bandlos produzieren; Verlust der Kreativität!?
Josef Reidinger, Leiter Kopierwerk ARRI, München:
Langfristige Speicherung aus Sicht eines Kopierwerks
Ann Carolin Renninger / Tobias Büchner, ZeroOne, Berlin:
Filmprojekt „24h Berlin“ und seine Archivierung
Helena Fantl, femis, Paris: Projekt „archi doc“

13.00-14.00 Mittagspause

14.00-16.00 Die Zukunft: Filmdaten und Filme online
Moderation: Kay Hoffmann, HAUS DES DOKUMENTARFILMS

David Kleingers / Georg Eckes, Deutsches Filminstitut Frankfurt:
Projekte „filmportal.de” und “The European Film Gateway”
Jürgen Keiper, Deutsche Kinemathek, Berlin: Projekt „Lost Films“
Tankred Howe, Deutsche Wochenschau GmbH, Hamburg: Projekt Wochenschau online
Jörg Frieß / Jan Henselder, Deutsches Historisches Museum, Berlin: Marshallplanfilme online
Andreas Vogel, GF Cinearchiv, Babelsberg: Filme aus den Archiven befreien!


Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Tagung werden die "Berliner Kino-Perspektiven" sicherlich versuchen, im April bei dieser Tagung mit dem einen oder anderen Korrespondenten direkt vor Ort in Stuttgart dabei zu sein.

ATRIUM

Seattle: eine Zeitung weniger

Wie die NYT heute auf Ihrer Titelseite der Druckausgabe berichtete, stellt der "Seattle Post-Intelligencer" - liebevoll auch P-I genannt - heute seine Druckausgabe ein; ab morgen wird "das Blatt" nur noch "Screen" und mit einer von 165 auf ca. 20 feste Mitarbeiter geschrumpften Mannschaft die News für die Region im Bundesstaat Washington produzieren. Dies ist der, gemessen an der Auflagenzahl und ermessen nach der Bedeutung des Erscheinungsorts, bislang größte Verlust in der US-Zeitungslandschaft. Es verbleibt vor Ort, immerhin als Großraum-Region Heimstätte solcher Unternehmen wie Amazon.com, Boeing und MicroSoft, noch die "Seattle Times", über deren Schicksal nach der Einstellung des zweiten Tageszeitungsblattes unterschiedliche Meinungen kursieren.

Der heutige Bericht der NYT zur Einstellung des "P-I" -- ein Zeitungsname, den ich mit seinem Space-Needle-Symbol immer gern gemocht hatte -- findet sich hier:
http://www.nytimes.com/2009/03/17/business/media/17paper.html

Auch die Nachrichten-Redaktion des heise-Verlags berichtet über die Situation breit und verweist bezüglich der demnächst drohenden Einstellung der "San Francisco Chronicle" auf das Portal The Public Press, Non-Commerical New for the Bay Area und auf einen Blog-Eintrag des US-Medienexperten Clay Shirky.

Auf David Cohns Online-Projekt Spot-us zum Crowd-Funding von investigativen Journalismus hatte ich bereits am 6. März in diesem Blog hingewiesen; ein weiterer Blogeintrag zum Zeitungssterben datiert vom 12. März.

"Spot-us" und "Public Press" arbeiten, so scheint es im Stand von heute, ganz gut zusammen. Fund-Raising für Journalismus und eine Distributionsplattform für die recherchierten Inhalte (als zwei sich zusammenfügende Module) scheinen eine ganz interessante Mischung zu sein.

Dass uns in Deutschland das Zeitungssterben auch bald ereilen dürfte, scheint mir unabwendbar. Bei uns gilt es also, von den Graswurzelprojekten in den USA frühzeitig zu lernen.


ATRIUM

Montag, 16. März 2009

Köln: Beispielsloser Verlust photographischen Archivguts

Die Deutsche Gesellschaft für Photographie ist bestürzt über den immensen Verlust an photographischem Archivgut durch den Zusammensturz des Kölner Stadtarchivs. Dazu gab es heute eine Pressemeldung.

Insbesondere sind darunter der anzunehmende Totalverlust umfangreicher dokumentarischer Nachlassbestände von L. Fritz
Gruber (1908-2005), dem großen Doyen der Photographiekunst in der BRD, sowie auch der Schriftennachlass des Medienphilosophen Vilém Flusser (1920-1991). Insgesamt lagerten im Stadtarchiv - nach Angaben der DGPh - eine halbe Million Fotos mit Beständen bedeutender deutscher Photographen.

Inwieweit auch kinematographische, videographische und Tonträger-Archivalien unwiederbringlich verloren sind, dürfte wohl erst nach und nach deutlich werden.

ATRIUM

Berlin underground screens

Heute erreichte mich folgende Email-Nachricht:

Sadly, there will be no Movie Night for the foreseeable future. We are not ending Tuesday night films by choice, but rather by legal necessity. If the status of Movie Night changes, we will send an email to the addresses on this list explaining so.
Thank you,
Saint Georges English Bookshop
Wörther Strasse 27 - Prenzlauer Berg - 10405 Berlin - 030 81 798 333
Mon-Fri 11AM-8PM - Sat 11AM-7PM


Der Saint Georges Bookshop war Teil der Berichterstattung des EXBERLINER Magazins vom Februar 2009 (Berlinale-Ausgabe mit einem Feature über Jochen Hick) über "underground screens" in Berlin mit der Subhead: "sick of watching video at home alone? Share a flick and find your own subculture at one of Berlin's many unofficial cinemas".

Anscheinend hat die Publikation jener "erweiterten Liste" von öffentlichen Filmvorführeinrichtungen Wirkungen gezeigt, allerdings in eine Richtung, die weder dem Aufrechterhalten von nicht-kommerziellen Filmkultur-Angeboten in Berlin Rechnung trägt, noch zu einer Reform in Lizenzsierungs-Angelegenheit führen dürfte, die das Programm-Repertoire des Kinos aus dem 20. Jahrhundert öffentlich verfügbar hält. Es fehlt, nachdem der nicht-kommerzielle Vertriebsmarkt zusammen mit dem Format 16mm eingegangen ist, einfach die "Mitte" in Lizenzangelegenheit. Und es ist für den Weiterbestand des Bisherigen immer schlecht, wenn eine "Mitte" verloren geht. Ob sich langfristig die Trennung von einerseits 35mm/DCI-Vertrieben für öffentliche Aufführungen von Filmwerken in traditionellen Kinos und andererseits dem Silberscheiben-Heimmarkt ohne eigenes Recht so aufrecht erhalten lässt, dürfte angesichts der Möglichkeiten, sich konzertiert via Netz verabreden zu können, kaum anzunehmen sein.

Je mehr die Auseinandersetzung mit der Werkgeschichte des Kinos und dem Kennenlernen vergangener Werk-Biographien von Filmschaffenden sich in die Privatsphäre verlagert, desto größer ist aber der Verlust für das Kino an sich. Denn je größer der Monoblock an historischen Filmangeboten, wenn Filmgeschichte in nur noch ganz wenigen Kinos z.B. in Berlin statt findet, desto mehr dürfte diesem Exodus der Filmgeschichte aus dem Kino in die Privathaushalte zugearbeitet werden.

Insofern täte es allen Beteiligten gut, über diesen Drift tiefer nachzudenken.

Einer, der im Musikbereich über das Vertriebsdilemma nachgedacht hat, ist John Buckman, Gründer und Leiter von Magnatune.com. Dort kann man als Filmemacher oder Produktionsfirma für eine Filmproduktionen Musik online nach einem Stufenmodell lizenzsieren. Ich finde das sehr richtungsweisend und - es gibt nichts Gutes ausser man tut es - habe von Magnatune.com für meinen letzten Dokumentarfilm "Thatta Kedona" auch Musik lizenzsiert.

Warum soll so etwas im Kinobereich nicht auch gehen, dass man also für eine nicht-gewerbliche Vorstellung auf der Website des Filmvertriebs mit drei Mausklicks eine Aufführung ganz legal buchen kann?

Auch hier liegt eine Leere vor, die zur Fülle drängt.

ATRIUM

Kinopolitik am Beispiel Stuttgart

Wenn ich mir die Ereignisse in Stuttgart um die Insolvenz des Kommunalen Kinos mit heutigem Wissensstand betrachte, dann werde ich den Eindruck nicht los, dass die dortige Landesbank mit der Absicht künftigen Stopfens von "Finanzierungslücken" durch neu eingefädelte Immobiliengeschäfte "im kleinen Dienstweg" rund um kulturell nutzbare Liegenschaften auch die Aufgabe der kommunalen Kulturpolitik dort vor Ort gleich mit übernommen hat.

Eine Zusammenfassung der Ereignisse um das Koki Stuttgart findet sich auf dieser Website der Stuttgarter Zeitung:
https://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1792838

Besonders erhellend ist nun die Mitteilungsvorlage GRDrs 71/2009 vom 03.02.2009 der Landeshauptstadt Stuttgart,
Referat Kultur/Bildung und Sport, für das Stadtparlament, die ebenfalls online gestellt wurde:
http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/AlleDok/FDC8CC6DC71F02C1C12575550036FB16/$File/EC41A1FFEF0FC8A2C12575510030B629.pdf?OpenElement

Da kam ein relativ chaotisch arbeitender Kinobetriebsverein wohl künftigen Immoblienplänen an der Friedrichstraße sehr zu pass, eine sonst nicht mehr am freien Markt vermietbare Immobilie gegenüber dem Hauptbahnhof mit neuen und langfristigen Mietverträgen an eine Körperschaft mit Gewährträgerhaftung zu verhökern, ob sich ein Großer Saal mit Bergsteigersitzreihen für den Schauspielbetrieb nun eignet oder nicht, ob einem neuen Kino ein Mischbetrieb mit Schauspiel im selben Haus nun zuträglich ist oder nicht und ob sich die Lage eben nicht mehr an einem Platz, sondern an Durchgangsstraßen des Autoverkehrs für eine musische Betätigung oder zum Flanieren nun eignet oder nicht.

ATRIUM

3-D ohne Brille in TV und Kino

Thomas Jüngling berichtet heute in Welt.de über die Entwicklungen hin zu 3-D-Ohne-Brille als holographische Darstellung für Fernsehen, Digitalmedien und - zuletzt eben auch - Kino:

Der Direktlink:
http://www.welt.de/webwelt/article3383862/So-funktionieren-die-neuen-Hologramm-Fernseher.html

ATRIUM

20 Jahre Avid: der Avid/1 wird zur NAB 1989 als Produkt eingeführt

Wir schwingen und klingen in diesem 9er-Jahr aber wirklich in den Zehnerintervallen:

Zur NAB Fachmesse in Las Vegas wurde im April 1989 das Avid/1-Schnittsystem von Avid Technologies als fertiges Produkt eingeführt und damit die technisch-künstlerische Revolution des Desktop Video und des NLE, des Non-Linear Editing, begründet.
Wir feiern dieses Jahr damit nicht nur 10 Jahre "Final Cut Pro" von Apple, 20 Jahre "Avid", 30 Jahre PC-Festplatte von Seagate (5.25", 5MB), 40 Jahre 3/4-Zoll-Video von Sony als Vorläufer von u-matic sondern auch 50 Jahre RAMAC von IBM als erste kommerzielle Computerfestplatte überhaupt. Von den 80 Jahren Tonfilm seit 1929 war ja bereits schon die Rede hier.

ATRIUM

Sonntag, 15. März 2009

Die Zukunft der Römischen Verträge

Was sagen eigentlich die Astrologen zur Zukunft der Römischen Verträge und zur Zukunft der EU?

Fragen wir doch doch mal DHARMARUCI aus Glastonbury, UK.

Hier der Link:
http://astrotabletalk.blogspot.com/2009/03/dissolution-of-european-union.html

Der entscheidende Passus der Prognose:

So there are very strong transformative pressures already under way in both charts. Pluto takes us down to bare necessities, to that which we need for our survival and continued evolution: anything else is dross, and has to go. Uranus can bring sudden separation and disintegration. The EU, as I have said, does not have a reason to stay together on a survival level. The astrology is telling me quite unambiguously that the EU is going to unravel in the coming years. The most that I can see being left is a protectionist bloc made up of some of the richer countries.


ATRIUM

Faust und die Kathodenstrahlröhre

In der NYT heute ein Nachruf auf den am 5. März im Alter von 99 Jahren verstorbenen Thomas T. Goldsmith Jr., der zunächst als Fernseh-Pionier in den späten 1930ern in den USA die Adaption der Kathodenstrahlröhre für Fernsehdarstellungen entwickelte und dann bereits 1947 ein frühes Patent für ein interaktives Videospiel erhielt (und es durch die Verfrühung nicht am Markt durchsetzen konnte).

Die jahrelang regelmäßig am Dienstag in der NYT erscheinene DVD-Kolumne von Dave Kehr wurde vor kurzem auf Sonntag verlegt und anscheinend mit mehr Raum bedacht. Dave Kehr rezensiert heute u.a. die DVD-Neuausgabe von FAUST, Murnaus luxoriöser Verfilmung des Stoffs von 1926. Das besondere an dieser DVD-Edition ist, dass es sich um die von Murnau authorisierte US-Schnittfassung handelt, die von Luciano Berriatúa im Hause der "Filmoteca Española" erstellt wurde.

ATRIUM

Samstag, 14. März 2009

Mein Schimpanse ist von Beruf ein Logistiker

Bestimmt kennen einige noch das Lied "Mein Mädel ist nur eine Schuhverkäuferin" aus dem "musikalischen Konversationslustspiel" mit dem Titel "Meine Schwester und ich" von Ralph Benatzky, das, 1930 in Berlin uraufgeführt, neben dem "Weißen Rössl" zu den bekanntesten Stücken des vor den Nazis emigrierten Komponisten und Librettisten gehört. Zu den Songs über Berufsinhaber können wir nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nun noch einen weiteren hinzufügen mit dem Song-Refrain: "Mein Schimpanse ist von Beruf ein Logistiker". Heinz Woezel hätte in den 1950ern aus diesem Refrain einen grandiosen Gassenhauer gemacht.

Der Scherz hat einen tieferen Sinn, denn Anfang der Woche ging eine Nachricht durch die Agenturen und Zeitungen, die uns von Santino aus der schwedischen Stadt Gävle berichtet wurde, eine Stadt in der bedauerlicherweise die Falschen hinter schwedischen Gardinen sitzen, was dem armen Mann dazu brachte, planmäßig in seiner Zelle Steine zu sammeln, um sie Gaffern entgegen zu werfen.

Die Sensation, die sich dahinter nun verbirgt, ist die Tatsache, dass Santino ein Schimpansen-Männchen im Furuvik-Tierpark ist und die Gaffer sich als Biologen und Verhaltensforscher der Universität Lund um Mathias Osvath entpuppten, die uns via Fachmagazin "Current Biology" - so die SZ - mitteilten, daß

dem Affen demnach nicht nur bewusst (ist), womit er in Zukunft rechnen muss. Er bereitete sich auf die zu erwartenden Ereignisse und sogar seine eigenen zukünftigen Gefühle, seinen mentalen Zustand, auch gezielt vor.
Ihre Beobachtungen, erklärte Osvath, deuteten darauf hin, dass Menschenaffen ein weit entwickeltes Bewusstsein besitzen. "Sie verfügen sehr wahrscheinlich über eine 'innere Welt' wie wir, wenn es darum geht, sich an vergangene Ereignisse unseres Lebens zu erinnern oder an bevorstehende Tage zu denken".


dpa und ap berichteten darüber hinaus:

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig bewerteten die Studie als sehr überzeugend. Die Forscher hatten bereits im Jahr Jahr 2006 herausgefunden, dass Affen wie kleine Manager in Kategorien von Produktivität und Effektivität denken können. Bei Versuchen in Uganda zeigte sich, dass die Tiere erkennen können, wann sie Hilfe brauchen und sich dann die besten Helfer suchen. Die nun festgestellte Vorausplanung war aber bisher kaum bekannt.


Das ist in der Verhaltensforschung bei Primaten eine Sensation und revidiert die schwarze "Subtraktionsanthropologie" (Mensch ist, wenn man das Tierische abzieht und das Gedankliche zum einzigen Wesensmerkmal macht) grundlegend. Dass dies evident sein muß, habe ich schon in den 1980ern bei meinem Lehrer Rudolf zur Lippe in Oldenburg lernen können.

Darüber hinaus ist es nach der wissenschaftlichen Entdeckung der Infraschall-Weitraumkommunikation durch Bodenübertragung und Bodenabtastung bei Elefantenpopulationen durch Caitlin O'Connell nicht nur ein weiterer Meilenstein der Ethologie, sondern darüber hinaus auch ein Indiz auf dem Gebiet der erkenntnistheoretisch orientierten Anthropologie.

Dazu müssen wir noch einen Schritt weitergehen und jetzt wird es spannend:

Es gibt seit etwa 10 - 15 Jahren eine Reihe von Ereignissen, auf die wir uns eigentlich keinen so rechten Reim machen können. Das Spektrum reicht von 9/11 über UFO-Erlebnisse und hin zu Kornkreisen. Also der ganze Esoterikkram, den man lieber in "Cheap Television" abschiebt, eine andere Art von Zoo und auch vergittert.

Es gibt allerdings einen, der den Schimpansen Santino aus Schweden mit diesen anderen seltsamen obskuren Dingen zusammen bringen kann - und wenn man die Kraft zum Zusammenbringen von Heterogenem hat, dann darf man sich Synthetiker nennen. Einer dieser Synthetiker heißt Daniel Pinchbeck und er hat darüber ein Buch geschrieben mit dem Titel

2012. Die Rückkehr der gefiederten Schlange

(und im englischen Original: 2012: The Return of Quetzalcoatl)

Dazu der Klappentext dieses Buchtitels:

Während einer Reportage über schamanisches Reisen am Amazonas erfuhr der Journalist und Autor Daniel Pinchbeck mehr über die Prophezeiung des Maya-Kalender und erkannte überwältigt von seinen Erlebnissen -, dass die Menschheit vor der Wahl steht, entweder eine höhere Bewusstseinsstufe zu erreichen oder auf eine ökologische Katastrophe zuzusteuern: Mit der Rückkehr der Gottheit Quetzalcoatl der gefiederten Schlange steht das Jahr 2012 für den Übergang von unserer jetzigen Lebensform zu einer neuen, die in eine höhere Bewusstseinsform mündet. Der US-Bestseller- und Kult-Autor Daniel Pinchbeck beschreibt, wie wir uns auf diese spirituelle Veränderung vorbereiten können. Eine fesselnde Prophezeiung, die glaubhaft die Notwendigkeit der Erweiterung unseres Bewusstseins vor Augen führt.
Nach den Prophezeiungen des Maya-Kalenders markiert das Jahr 2012 den Übergang zu einem neuen Weltzeitalter, einer höheren Bewusstseinsform. Anhand seiner eigenen, fesselnden Biografie, in der sich Bewusstseinsexperimente wie Drogenkonsum ebenso finden wie schamanische Reisen oder Trancezustände, gelingt es Daniel Pinchbeck, den komplexen Prozess der Bewusstseinserweiterung zu veranschaulichen. Seine ganz persönlichen Erkenntnisse und Erlebnisse spiegeln die Möglichkeit zur spirituellen Transformation für uns alle wider und zeigt, dass eine große Zeitenwende bevorsteht.


Pinchbeck behauptet, dass ein Bewußtseinssprung unmittelbar bevorsteht und dieser nur krisenhaft und unter Zwang sich gebären wird; er argumentiert dabei auch mit den Theoremen von Jean Gebser, Pierre Teilhard de Chardin und - sehr überraschend - Rudolf Steiner.

Als ich Jean Gebser und Adorno in den 1980ern parallel gelesen habe, und Spaß daran fand, wie man bei Gebser im Gegensatz zu Adorno locker das Geschichtsmodell von Hegel komplett integrieren kann, war mir schon klar, dass der Schritt zur integralen Bewußtseinsstruktur irgendwann passieren wird, so in 400 - 500 Jahren. Dass das nun nicht nächste Woche, aber dann schon bis zum 21.12. 2012 stattfinden soll, hat für mich dann doch etwas Beängstigendes.

Und wenn man dann die Interpretatoren der Maya-Kalender (also vor allem Major-Jenkins) liest, die für Herbst 2008 eine große Wirtschaftskrise bereits vor rund 10 Jahren vorhergesagt hatten, dann dachte ich noch im Frühjahr 2008: "Naja, dass bisschen Subprime über dem Atlantik kann ja so schlimm nicht sein: Da haben die Prognostiker aber etwas übertrieben." Wie man sich täuschen kann! Mit Pinchbeck darf man konstatieren: 2012 ist ein mächtiger Archetypus.

Was hat nun der Schimpanse mit Pinchbeck zu tut? -- Die Prognostik wäre die, dass die Menschen und das heißt die Menschheit einen diskontinuierlichen (und angstsbesetzten) Bewußtseinssprung erleben werden und mit ihnen die Tierwelt und Pflanzenwelt, so dass die Pflanzenwelt tierisches Bewußtsein erlangt und die Tierwelt menschliches. Deshalb ist es wichtig zu erkennen, dass die bodengestützte, elefantische Infraschall-Weitraumkommunikation wahrscheinlich schon seit ein paar zehntausend Jahren die tierische Grundform auch des menschlichen Internets ist; und deswegen ist ein wissenschaftlicher Bericht über einen, mittlerweile kastrierten, Schimpansen, der sich im schwedischen Zoo im Beruf des Logistikers übt, ein so überaus wichtiges Indiz, was um uns herum so alles gerade eben passiert, auch dann, wenn wir uns auf jugendliches Verhalten im Rems-Murr-Kreis keinen Reim mehr machen können.

Was das Ganze mit "Kinokultur" und "Kinoperspektiven" zu tun hat? -- Na, wir erinnern uns noch an den bedeutendsten bewußtseinserweiternden und bewußtseinsschaffenden Steinwurf eines Schimpansen in der Filmgeschichte? Notfalls auch vom 70mm breiten Breitfilmstreifen? Das war für mich mit 14 mein für alle Zeiten prägendes Kinoerlebnis im Stuttgarter Atrium. Das betreffende Kunstwerk wird heute, 14.03., um 20.30 h im Frankfurter Filmmuseum gezeigt, in 70mm-Präsentation, auf halben Wege zwischen 2012 und 2001, gut 40 Jahre nach den letzten rebellischen und bewußtseinserweiterten Zeiten von '68/'69.

Wer den Pinchbeck noch nicht gelesen hat, sollte dies möglichst bald tun.

Drei der Pressemeldungen zum schwedischen Logistiker finden sich hier:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/508/461136/text/
http://de.news.yahoo.com/2/20090310/tpl-schimpanse-legte-fuer-attacken-auf-z-ee974b3.html
http://www.netzeitung.de/wissenschaft/1295537.html

ATRIUM

Freitag, 13. März 2009

"Final Cut Pro" wird 10 Jahre alt

AppleInsider erinnert heute den heurig 10. Jahrestag der Erstveröffentlichung von Apples NLE-Editor-Software "FINAL CUT PRO", an seine Entwicklungsgeschichte und Bedeutung im Produktportfolio des kalifornischen Computersystemunternehmens sowie die zeitlich in NAB-Nähe zu erwartende Produktaktualisierung in "Pro"-Segment.

ATRIUM

John Cooper ist neuer Festivalleiter in Sundance

Wie die NYT bereits am 11.03. berichtete, wurde der langjährige Leiter der Festivalprogrammierung John Cooper zum neuen Festivalleiter des Sundance Film Festival in Park City, Bundesstaat Utah (USA), ernannt. Der bisherige Sundance-Leiter Geoffrey Gilmore wechselt nach New York zur Trägergesellschaft des Tribeca Film Festivals in Manhattan.

ATRIUM

Sony-Videobänder: bitte bevorraten Sie sich

Heute gehen Meldungen von ap und afp über die "Ticker", die nicht mehr "tickern", und zwar zu wild protestierenden Arbeitern in einem französischen Sony-Werk.

Die eigentliche Bedeutung, die uns diese Meldungen heranbringen, liegt in der Tatsache, dass es sich bei dem Sony-Werk um die kurz von ihrer Schließung befindliche Magnetbandfabrik in PONTONX-SUR-L'ADOUR (südlich von Bordeaux und nahe der spanischen Grenze) handelt.

Ich rate dringend zur Bevorratung nicht nur in der Angelegenheit "Glühbirnen", sondern auch bei Videokassetten für die diversen noch aktuellen Videoformat-Standards.

ATRIUM

Ein schwer vermittelbarer Vorschlag

Der Heise-Verlag meldet heute den Start der Geburtstagsfeierlichkeiten beim CERN in Genf als 20-jähriges Jubiläum jener Ereingnisse, die zur Verwirklichung des World Wide Web durch Tim Berners-Lee führten:

http://www.heise.de/newsticker/Vor-20-Jahren-Ein-schwer-vermittelbarer-Vorschlag-und-der-Anfang-des-Web--/meldung/134419

ATRIUM

Donnerstag, 12. März 2009

Filmmuseum Frankfurt am Main schärft seine 70mm-Kompetenz

Das Filmmuseum Frankfurt hat einen Tag vor Start seiner Breitbildschau soeben die Website aufgepeppelt:
neben dem Dank an den Vorspieler, Deutsche Kinemathek, und den Hinweis auf deren Publikation ("Bigger than ...") werden die grundlegenden enzyklopädischen Kinoformat-Internetportale von Thomas Hauerslev und Martin Hart ausdrücklich empfohlen (die in Berlin keine Erwähnung wert waren).
Darüberhinaus liest man auch den Veranstaltungshinweis/Vorschau des Kooperationspartners 'Schauburg' aus Karlsruhe mit neuen Akzenten im Oktober und einige Filmbetrachtungen aus meiner Perspektive zu den Filmen "Playtime", "2001", "Ben-Hur" und "Lawrence of Arabia" - mit Rekurs auf die Filmtheoretiker, die seinerzeit der Überdehnung des Kinoformats Widerstand entgegensetzten (Letzteres bewusst schmucklos gehalten und auf PDF aufrufbar): http://www.deutschesfilmmuseum.de/pre/ft3.php?id=body&main=70mm&img=3img3&ass=1

Insgesamt schimmert ein Profil mit hoher Autonomie hindurch, die auf die Erfahrungen der 70mm-Main-Festivals seit 1988 aufbaut. Seit Wochen wurden kinotechnische Prüfungen und Justagen durchgeführt, die das historische Versprechen des 70mm-Verfahrens auf einen "rock steady"-Bildstand, eine randscharfe und kontrastreiche Projektion, eine unbeschnittene Aspect Ratio sowie auf die Güte penibel einzumessener Raumtöne jeglicher Coleur klar unter Beweis stellen.
An diesen Mindestvoraussetzungen war Berlin gescheitert: die kinotechnischen Zustände waren als desaströs zu bezeichnen und wurden trotz Warnungen im Vorfeld der Veranstaltungen offenbar billigend inkauf genommen.


CINERMA
Korrespondentenbericht aus Frankfurt am Main

Zeitungssterben in den USA

Auch die Druckausgabe der New York Times macht heute mit einem großen Bild zu den Vorfällen von Winnenden auf. In der unteren Hälfte der Titelseite startet dann ein längerer Artikel zum Zeitungssterben in den USA.

Darin die Vorhersage eines Branchen-Analysten:
“In 2009 and 2010, all the two-newspaper markets will become one-newspaper markets, and you will start to see one-newspaper markets become no-newspaper markets,”

Einerseits werden in dem Beitrag von RICHARD PÉREZ-PEÑA die gravierenden Auswirkungen des Zeitungssterbens auf die Zivilgesellschaft beklagt, andererseits gibt es Stimmen, wie die von Jeff Jarvis, wonach eine Vielzahl von kleineren Online-Nachrichtenportalen auf lokaler Ebene zu erwarten sei:
"Those sources might be less polished, Mr. Jarvis said, but they would be competitive, ending the monopolies many newspapers have long enjoyed."

Wenn mich mein Gespür in Sachen "Internet Startups" aufgrund meiner bisherigen Erfahrung nicht täuscht, liegt hier überall eine Leere vor, die zur Fülle drängt. Wenn ich Nachwuchs-Journalist in Berlin-Potsdam wäre, würde ich so ein Lokal-Nachrichtenportal mal aufstellen. Die "Berliner Kino-Perspektiven" gesellen sich dann gerne als "redaktionelles Film-, Kino- und Medien-Modul" hinzu.

ATRIUM

"Jeder Wahn grassiert nur so lange, bis sich genug Vernünftige finden, die ihm ein Ende bereiten."

Hanns-Georg Rodek gestern in Welt.de zum "Authorisierungswahn" deutscher Filmstars und der Missachtung in der Meinungsbrecherbranche vor der "Stimme der Kritik":

http://www.welt.de/kultur/article3357979/Warum-deutsche-Filmstars-gern-zensieren.html


ATRIUM

Moody's: Eastman Kodak extrem von Insolvenz bedroht

Das Handelsblatt berichtete gestern über die aktuelle "Alarmliste" der US-Reatingagentur "Moody's", nach der die Gefahr einer Insolvenz der Eastman Kodak Corporation innerhalb von 12 Monaten als extrem hoch zu bewerten sei.

Die Meldung findet sich hier:
http://www.handelsblatt.com/finanzen/boerse-maerkte/_b=2199025,_p=12,_t=ftprint,doc_page=0;printpage

ATRIUM

Mittwoch, 11. März 2009

So finster die Stadt

Heute kam bei mir die Ausgabe 2.09 der schweizer Filmzeitschrift "Filmbulletin - Kino in Augenhöhe" an, die mir als gedrucktes Magazin des Kinos mit ihren reich bebilderten Filmbesprechungen und ihren Schwerpunkt-Themen sehr gut gefällt und so schön schweizerisch pragmatisch ist, was gleichbedeutend für mich ist wie: undogmatisch.

Erstaunt war ich über die schnelle Besprechung des Begleitbuchs zur diesjährigen Berlinale-Retrospektive durch Frank Arnold unter dem Titel "So finster die Stadt". Ja, das stimmt, Berlin ist zur Berlinale-Zeit stets ganz finster. Zu solcher Zeit ein Ort zum Davonlaufen oder zum zu Hause bleiben.

Bei dieser Besprechung sollten wir einmal etwas in die Tiefe gehen. Frank Arnold schreibt:

Mit finanziellen Engpässen hatte offenbar auch die diesjährige Berlinale-Retrospektive "70mm - Bigger than life" zu kämpfen, jedenfalls verriet Rainer Rother, der künstlerische Direktor des Berliner Filmmuseums, vor einer der Vorführungen, dass die Auswahl zumindest in einem Fall aufgrund einer 16mm-Kopie getroffen werden musste. Das Geld, um die Sichtung mithilfe der originalen 70mm-Kopien durchzuführen, war nicht vorhanden.


Als ich das gelesen hatte, habe ich schallend gelacht. Ich dachte, Mr. Cinerama hätte in seinem Beitrag von heute (weiter unten) etwas geflunkert. Aber anscheinend mitnichten. Wenn sich filmhistorische Arbeit in der Praxis nunmehr so darstellt, dass es nicht mehr darum geht, eine Vorsichtung dessen zu veranstalten, was man einem Publikum an Auswahl präsentieren möchte, sondern vielmehr darum, dass man die ehemalige branchenübliche Vertriebspraxis des "Block- und Blindbuchens" dahingehend restituiert, dass man preisgünstig Filmpakete eines US-Major-Studios blockweise und eben ohne Vorsichtung übernimmt, dann kann man dies immer noch dann ohne Gesichtsverlust tun, wenn man auch dazu steht und eben gerade dies, die Restitution von Vertriebsmodi, zum Thema macht.

Ich möchte nicht mißverstanden werden: Es ist keine Schande über wenig oder nur einen geringfügigen Etat zu verfügen. Und es ist erst recht keine Schande, aus einem mäßigen Budget nach dem Maximalprinzip das Maximum an Effekt erzielen zu wollen. Und zum Dritten ist es schon gar nicht verwerflich, ein kleines und überschauliches Projekt zu präsentieren, wenn die finanziellen Mittel für Gigantomanie nicht ausreichen.

Das Ganze wird nur dann ein Problem, wenn einem das Marketing-Prinzip des "Kaisers von China" verrutscht und es dann nur noch um des "Kaisers neue Kleider" geht, heißt: Man kann den Kaiser von China mit seinem kaiserlichen Filmformat gerne zu Gast einladen und aus dem Staatsbesuch ein Volksfest kredenzen. Wenn man dann allerdings statt der kaiserlichen Instrumente nur Pappteller parat hat, die man mit Porzellan-Farbe anzustreichen versucht, dann wird das irgendwann mehr oder weniger schnell die fachkundige Entourage des kaiserlichen Hofs und auch das gemeine Volk vor Ort merken. Dann gibt es die Variante, dass die einfacheren Naturen den Schluss daraus ziehen, dass der Kaiser von China eben doch auch nur von Papptellern ißt und dass dieses sagenhafte Porzellan aus dem sagenhaften Mythenreich, was jeder gerne mal mit den eigenen Finger taktil erkunden möchte, auch nur was ganz Gewöhnliches sei. Und dann gibt es noch die Variante, dass sich die einheimischen Porzellanbrenner fachkundig über die präsentierte Mogelpackung und den geleisteten Bärendienst in ihren Depeschendiensten austauschen.

Jetzt zur Publikation, Frank Arnold schreibt weiter:

Das schlägt sich im Begleitbuch insofern nieder, als eine Würdigung dieses Formats, die über das Technische hinausgeht, unterbleibt. Das mag in dieser Weise konsequent sein, denn über die 70mm-Ästhetik anhand von DVD-Editionen zu reden, hat etwas Fragwürdiges. So ist die Publikation vorrangig ein Kompendium, im dem es um die Entwicklung der Technik geht, um die verschiedenen Formate zwischen Todd-AO, Dimension 150 und Ultra-Panavision 70. Die beschreibt Gert Koshofer auf 22 Seiten, die in Anbetracht dieser Materie eher wie eine Skizze wirken. Manches hätte man wirklich gern ausführlicher dargestellt gesehen, etwa, wie es für "Flying Clipper - Traumreise unter weißen Segeln" (1962) zur Entwicklung eines eigenständigen deutschen Systems MCS 70, kam. (...) Bleibt zu hoffen, dass die Seh-Erfahrung bei der Retrospektive sich in einigen adäquaten Texten niederschlagen werden, denn – das wurde deutlich – 70mm ist "mehr als bloss eine Format-Bezeichnung" (Rainer Rother).


Kann ich nur sagen: Arme Autoren, denen von den Herausgebern, Kuratoren und Verlegern nicht genügend Zeit und Raum für ihre Darstellungen und ihre Recherchen einschließlich beurteilender Bewertungen zur Verfügung gestellt wurden. Gert Koshofer ist, was Fachwissen im Bereich der Farbfilmgeschichte angeht, sicherlich unschlagbar. Die Hardcover-Publikation liegt mir vor; ich finde, das Druckhaus Köthen hat einen wunderbaren Produktionsjob gemacht und vom Materialwert des Buches sind €22 ein (subventionierter) Schnäppchenpreis. Bei mir hätte das Buch, komplett abgesehen vom Inhalt, mindestens das Fünffache im Einzelverkaufspreis kosten müssen. Seien wir also froh, dass es wieder eine deutschsprachige Buchpublikation in diesem Themenkreis gibt und das zu diesem Preis. Andererseits ist es für einen Verleger von Filmfachbüchern dann doch erschreckend, wie viele Filmbücher in den Filmbuchverlagen an Lahn, Spree und Bodensee letztlich von der Quersubventionierung leben, leben müssen. Im übrigen widmete sich auch die erste Ausgabe der Weltwunder der Kinematographie von 1994 dem Thema "Geschichte des 70mm-Films" auf 22 Seiten, welcher Zufall! Man sollte die kaballistische Bedeutung der 22 bezogen auf die 65 und die 70 einmal näher betrachten.

Es bleibt das Desiderat einer ausführlichen inhaltlichen und qualifizierten Bewertung dieser Epoche des Kinos einschließlich einer heutigen Bewertung der Filme in ihrem damaligen sozio-kulturell-ökonomischen Umfeld. Dabei bleibt jedoch problematisch, die bei der Berlinale vorgefundene Rezeptionserfahrung in Texte umsetzen zu wollen - so wie dies Frank Arnold einfordert -, wenn die eingesetzten Projektions-Vorlagen als "Originale" und die technischen Einrichtungen ebenfalls als "Original" vorausgesetzt werden. Die Dinge sind hier komplizierter, weil zum Teil fragwürdige Umkopierungen und Restaurierungen durchgeführt worden sind; diese rühren nun daher, dass der ganze 70mm-Hype letztlich ein Abfall-Produkt filmischer Rekonstuktionen, speziell gezielt auf Silberscheiben-Produkte für den Heimabsatzmarkt, ist. Bei den erheblichen Kosten für den "Saubermachprozess" von Kopiervorlagen und Negativen kann man ja mal eine 70-mm-Kopie versuchsweise ziehen, die man notfalls auch zum elektronischen Color-Matching im Digital-Intermediate-Prozess mit einbeziehen kann. Gemessen an traditionellen Kopierwerksstandards hat man es dann dabei mit einer Nullkopie zu tun, also etwas, was man normalerweise keinem Publikum zumuten möchte, in Berlin aber als das Non-Plus-Ultra verkauft wurde. Allein schon dieser Umstand macht die Spannweite der übergangenen Problematik deutlich, von der Abschaffung des Magnettons, dem Nichtvorhandensein von adäquat klingenden Magnettonvorverstärkern mal ganz abgesehen und der Tatsache, dass eine Todd-AO-Leinwand eben anders aussieht als in den Kinosupermärkten, etc, etc...

Ergo: Wir dürfen also noch auf jeweils ein Opus Magnum der Geschichte des Breitwandkinos im Allgemeinen und der des 70mm-Films im Besondern hoffen, geschrieben von Rick Mitchell (auf Englisch) und von Mr. Cinerama (auf Deutsch), und hoffentlich innerhalb der nächsten 15 Jahre, wenn es dann noch Fachbücher auf Papier geben sollte.

ATRIUM

Format-Ethos wider die Repertoire-Erosion

Die Zerstörung der Identifizierbarkeit historischer Filmdokumente in Soap-Doks und fiktionalen Reportagen gehört seit längerem zur allgemeinen Debatte zu Wandlungen des Realitätsbegriffs seit Anbruch der Digitalisierung. Neben der Komplexität solcher Debatten aber sind die Gründe für das Cropping indexikalisch festgelegter Bildträger profan: die Filmemacher und Produzenten, welche von der "spektakuläreren" 16 : 9-Formatnutzung abweichen, können ihre Produkte nur schwer an die Sender verkaufen. Neben aktuellen Drehanteilen oder auch fiktionalen Szenen werden dann frühe Dokumentaraufnahmen eingeebnet: sozusagen "zwangsangepaßt" an die modernere Handschrift des Filmemachers und eingepreßt in den Atrappenreiz der Verkaufspakete der Sender, mit denen auch abgestumpfte Zuschauer geködert werden sollen, Das verläuft gewissermaßen über eine Fälschung oder mißbraucht das "Simulakrum" von Breitwand, die ihres originären Anspruchs verlustig geht..

Erstaunlicherweise bleibt die Manipulation der Aura von historischen Dokumentaraufnahmen fast immer ungestraft - gleichwohl wissen die Redakteure und Senderleiter um dieses Dilemma und tolerieren sie dennoch.
Ähnliche Zitatfälschungen, etwa in der Vermittlung von Werken der Bildenen Kunst, aber auch in der Verschriftung historischer Reden und literarischer Überlieferungen, sind mir nicht geläufig: solches ist wohl nur im Filmbusiness geduldet.

Was obenstehend mit Vorsatz oder Mißachtung der Werktreue geschieht, passierte in der Geschichte des kommunalen Kinos, wann immer Filme in falschen Seitenverhältnissen oder Filmformaten zum Einsatz kamen, zumeist aus Gründen der Unkenntnis, fehlender Mittel oder fehlender Archiv-Kontakte - oder eben auch aus Gründen fehlender Raumkonzeptionen, die einer analogen Präsentation avancierterer Formate gerecht würden. So wurde stets die Enge des alten 'arsenal' in der Welserstraße beklagt, ohne dass die "Weiträumigkeit" des neuen Domizils am Potsdamer Platz einmal auf den Prüfstand gestellt werden würde: dort also mit einer Wiederholung der ganzen Misere im Repertoire-Spiel, die bereits in der Welserstrasse zu beklagen war.

Das ist zwar nicht der Regelzustand der 'arsenal'-Macher, und eine Unzahl hochwertiger Kopienaquisen und gelungener Vorführungen beweisen tausendfach das Gegenteil - es trifft aber immer wieder schmerzlich den Nerv, wenn sich gerade einige fast zu "bekannte" Klassiker in die Säle des 'arsenal' verirren, von Filmen also, die man für so bekannt hält, daß eine besondere Betreuung schon gar nicht mehr erforderlich zu sein scheint.

Hier seien die 16mm-Schmalfilmeinsätze von u.a. CIRCUS WORLD (gedreht auf Super Technirama 70), NORTH BY NORTHWEST (gedreht in 35mm 8-Perf und dieser Tage im Wiedereinsatz im 'arsenal') oder eines der dem Haus am naheliegendsten Klassiker, UMBERTO D. (gedreht in 35mm schwarz-weiss) genannt, in denen bisweilen, selbst bei Close ups, die Gesichter der Schauspieler kaum noch erkennbar waren.

Hier wäre es vertretbarer, anstelle eines Mammutprogramms, das sich dann um den jährlichen Kinemathenverbundspreis alleine durch seine numerische Titelfülle profiliert, lieber einige Gänge zurückzuschalten und nach der Devise "weniger ist mehr" zu verfahren. Sprich: einige schon zu bekannte Filmtitel, die primär sich über eine herausragenden Photographie vermitteln, sollten nicht um jeden Preis in einer schlechten Projektion delektiert werden.
Ganz so glücklich also, wie es scheint, waren die 'arsenal'-Leute mit dem Umzug keineswegs, wie dieser Report erhellt:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2000/0531/none/0001/index.html
Hinzuzufügen ist, dass Erika und Ulrich G. in ihrer Gründungsphase um 1964 ernsthaft mit Übernahme des 'Cinerama Theater Capitol' am Kurfürstendamm kokettierten. Indertat wäre das der größte Coup geworden: fast alle kinematographischen Verfahren und theatralen Konzepte hätten sich in diesem Raum idealiter verwirklichen lassen!
Daß in diesem Sinne - trotz herausragender Programmarbeit - in den heutigen Potsdamer-Platz-Sälen nichts kinemtaographisch Brauchbares verwirklichbar ist und auch der streitbare, politisch-engagierte Sinn der Gründer nicht in gleichem Maße von der jüngeren Kinoleitung geteilt werden kann (der ja die Kriegserfahrungen und die Sozialisation in der 1968er Bewegung fehlt), führt zu der Erkenntnis, die Ansätze eines thematisch schärfer fokussierteren politischen Kinos eben so wie die Würde der kinematographischen Darbietung und des Repertoires anderenorts in Berlin wiederherzustellen ist: durch Herrichtung eines akzeptablen, gerne auch kleineren Veranstaltungsraums. Es ist jedenfalls auszuschließen, durch rein kosmetische Eingriffe auch nur weniger dieser Ansätze am Potsdamer Platz zu Ehren gelangen zu lassen, wie Gero Gandert bei Vorschlag zur Herrichtung eines Museumskinos erwiderte, so denn sich diese Ideen doch eben so auch in den vorhandenen Strukturen diskutieren ließen.

Dazu merke ich an: das hat leider in 40 Jahren nie, auch bei bescheidenen Ansprüchen (sei es auch nur von Seiten der altehrwürdigen früheren Filmvorführer des 'arsenal') funktioniert und wird auch nicht in Zukunft funktionieren, seitdem Christoph T., der neue Leiter des Forums, explizit erklärte, die "Unterscheidung zwischen Film und Video macht heute keinen Sinn mehr" (frei zit. aus dem "Berlinale Journal vor wenigen Jahren). Ebenfalls bewiesen "kinotechnische" Retrospektiven der Stiftung Deutsche Kinemathek", daß man über nur wenig Verständnis und Empathie für die spektakulär annoncierten Reihen verfügte und in teilweiser Blindheit die Verfremdungsprozesse einfach leger abtat und sich auf rein dyonisische Massenfeste "beschränkte".

Interessant ist noch eine Bericht zum 75. Geburtstag des 'arsenal'-Mtbegründers, der immerhin die Bedeutung der Person erkennen ließ, die durch Eloquenz, theoretische Bewandertheit und Unermüdlichkeit in der Auseinandersetzung mit der Filmavantgarde als Vorkämpfter bewundert werden kann. Gleichwohl er sich Hoffnung machte, seine Nachfolger würde in seinem Sinne fortfahren, ist m.E. nicht gesichert, ob die gleiche politische Vehemenz und Zuneigung (etwa zur russischen Avantgarde) von nachfolgenden Generationen übernommen würde. Und ob es überhaupt zu vergleichbaren intellektuellen und internationalen Erfolgen kommen könnte, was bezweifelt werden kann, zumal bereits die große Nähe zum Bundeskulturbeauftragen für Kultur, aber auch die Einbindung in ein wenig humanes Ambiente, wie es das SONY-Center darstellt, kaum "widerständige" Kulturen zur Blüte bringen dürfte. Am wenigsten in Kinosaalarchitekturen, die eher an Särge als Theater erinnern.

http://blogs.taz.de/tagesbriefe/2007/09/21/fuenfundsiebzig/


CINERAMA
Vorstandsmitglied des "Kinomuseum Berlin e.V."

eine Frage des Formats: 60 Jahre Kopf ab

Wie bereits bemerkt, sind dieses Jahr nicht nur 20 Jahre Mauerfall, 40 Jahre Mondlandung, 80 Jahre Tonfilm und 100 Jahre Farbfilm zu würdigen, sondern auch 60 deutsche Jahre nach 1949. Die Sendereihe der ARD unter dem titel "60 x Deutschland" (in Koproduktion verschiedener ARD-Anstalten mit der Bundeszentrale für politische Bildung) versucht eine recht gefällige Melange aus weltgeschichtlicher Einbettung und erlebter Alltagsgeschichte hinzubekommen und ist dabei als moderierte Collage von Kompilationselementen (konterkarriert mit heutigen Interviews) auf Archivmaterial angewiesen, das mit Ausnahme der jüngsten rund 5 Jahre allesamt im Bildseitenverhältnis von 4:3 vorliegt, sei es als frühe Wochenschau-Aufnahme oder bei der aktuellen Berichterstattung des Ö-R Fernsehens dann mit 16-mm-Film.

Warum man nun unbedingt meint, allen Menschen, die liebevoll von den "Aktuellen" auf 4:3 abgelichtet wurden, den Kopf dahingehend abschneiden zu müssen, indem man das blasse und körnige Material beschneidet und auch noch auf 16:9 aufbläst, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann nur vermuten, dass man von verantwortlicher Stelle die Order ausgegeben hat, dass ein international im Dokumentarischen inzwischen übliches Verfahren wie "Pillar Boxing" deutschen Analphabethen der Filmgestaltung nicht zuzumuten sei.

Sollte mir so etwas bei der Filmsichtung zum Globians Doc Fest unterkommen, wäre das sofort ein Grund für einen Sichtungsabbruch aus Gründen des unprofessionellen Dilletantismus.

Wenn man aber Charts vorschalten kann, in denen darauf hingewiesen wird, "dass diese Sendung für Zuschauer unter 16 Jahren ungeeignet" sei, dann wird man vor lauter politischer Bildung vielleicht noch hinbekommen, auch ein wenig film- und fernsehhistorische Bildung mit einem Chart zu vermitteln, in der Art wie:

"Diese Sendung enthält historisches Bewegtbildmaterial im Bildseitenverhältnis von 4:3, welches wir Ihnen ohne Bildbeschnitt an Köpfen und Beinen präsentieren. Sie erhalten für Ihre Gebühren das volle Bild und sind damit voll im Bild."


Oder meinen Sie, dass das einem Johannes Unger als Leitendem Redakteur beim rbb in Berlin nicht zu vermitteln ist?

ATRIUM

Dienstag, 10. März 2009

Die 50 Sinne des Kinos

Von allen Filmmagazinen finde ich die australischen "Senses of Cinema" am Besten: I really like them. Jetzt ist die 50. Ausgabe des Online-Magazins erschienen und das ist allemal ein Grund, die E-Zine hier vorzustellen.

Was mir filmpublizistisch besonders an "Senses of Cinema" gefällt, ist ihr Grenzen überschreitender Charakter, das Cross Boarder Thinking.

Aus dem Impressum:

Senses of Cinema is an online journal devoted to the serious and eclectic discussion of cinema. We believe cinema is an art that can take many forms, from the industrially-produced blockbuster to the hand-crafted experimental work; we also aim to encourage awareness of the histories of such diverse forms. As an Australian-based journal, we have a special commitment to the regular, wide-ranging analysis and critique of Australian cinema, past and present.


Dieses sich Kümmern um den australischen Film kommt uns beim Globians Doc Fest sehr entgegen; Australien überrascht uns bei den Filmeinreichungen zum Festival immer wieder und scheint mir als Dokfilmland sehr im Kommen zu sein.

Das schließt natürlich nicht aus, dass man uns Berlinern von Down-Under aus auch eine Lektion in Sachen BIGGER THAN LIFE erteilen kann; gab es doch gerade damit vor wenigen Wochen hier vor Ort erhebliche Schwierigkeiten bei der Grammatik des kinotechnischen Durchdeklinierens. Und die Lektion dürfte auch darin liegen, aufzuzeigen, dass jedweder Einsatz menschlicher Werkzeuge stets einen Januskopf trägt, ob es sich nun um Kortison oder um DP70 handelt. Bei Nick Ray hieß die Konsequenz dann (in der Lesart von Adrian Danks): "a closet despot carried away by his own petty expressions of power". War das etwa der tiefer gemeinte Sinn beim Berliner "Bigger Than Life"-Versuch ? -- Vorsicht bei Titeln und Etiketten ist also immer anzuraten.

Nachdem beim 365er-Filmkanon im Berliner ARSENAL ja gerade Powell/Pressburgers "A Matter of Life and Death" rausgeschmissen wurde (wie man bei Martin Schwarz in Zitty nachlesen konnte), sei noch eine BLACK NARCISSUS draufgelegt.

Zu guter Letzt darf ich mich hier noch als Fan der Filme von Antonioni entblößen. Senses of Cinema #49 brachte zur Körperpolitik von Antonioni folgenden Beitrag: Naked Bodies and Troubled Souls: Antonioni and the Ways of the Flesh

ATRIUM

Tesla und die künstlichen Erdbeben als Waffe

Alternet bringt heute einen Beitrag von Scott Thill, Herausgeber der Website Morphizm.com, zur Frage, ob Menschen Erdbeben künstlich induzieren können und die elektromagnetische Induktion spielt bei diesen Überlegungen eine entscheidende Rolle. Wenn man die Geschichte der Science-Fiction-Literatur und die Werkgeschichte des Science-Fiction-Filmgenres mit der verzögert eingetreten, tatsächlichen Technikgeschichte abgleicht, so fällt die Einschtzung "our science is only limited by our imagination" sehr nachvollziehbar aus.

Zur weiteren Vertiefung über die Bedeutung von Nikola Tesla (1856 - 1943) für uns heute empfehle ich die PBS-Fernsehdokumentation "TESLA - Master of Lightning" und das Begleitbuch.

ATRIUM

Nie für den Mainstream

Zeit-Online brachte gestern, 09.03.2009, um 18:44 Uhr unter dem Titel "Hundert Jahre Eigenheit" eine ausführliche Rezension der Ausstellung zu Manoel de Oliveiras Werk in der Berliner Akademie der Künste:

http://www.zeit.de/online/2009/11/manoel-de-oliveira

Für die Kinogenießer, die Werke von Nestler, Farocki und Straub-Huillet im Kino goutieren, ist natürlich auch Manoel de Oliveiras Filmkunst Teil des europäischen Filmkanons; viel zu wenige seiner Werke sind in Deutschland bekannt und kaum als Konserve verfügbar (und von Fernsehpräsenz - auch die zwischen 2 und 5 h nachts - kann man bei Filmkunst nur noch in den wenigsten Ausnahmefällen sprechen.)

Die Konzeption der Ausstellung in der Berliner AdK, im vergangenen November erstmals in Portugal gezeigt, wurde vom Museum Serralves für zeitgenössische Kunst in Porto durchgeführt. João Fernandes war der Ausstellungskurator.

Kernaussage der Rezension von Iris Rodriguez bei Zeit-Online:

Der Blick schweift durch die große Ausstellungshalle, Projektionen der Filmfragmente laufen simultan. Die Vielfalt von Oliveiras Werk wird sofort deutlich, die Tiefe und Aussagekraft begreift nur, wer sich wirklich darauf einlässt. Oliveira hat einmal über sein Publikum gesagt: "Sie sind es, die einsteigen müssen und sich dem Film nähern müssen", und von dieser Haltung ist auch die Ausstellung geprägt. Sie spiegelt den Charakter der Filme wider, die Oliveira nie für den Mainstream gedreht hat.

Seine Filme waren nie leicht und viele fordern dem Zuschauer durch ihre enorme Überlange einiges ab. "Oliveiras Arbeit hat immer unter dem Unverständnis für die Originalität seiner Filme gelitten", erklärt der Direktor des Serralves Museums. Heute, sagt er, würden sich die Portugiesen über die weltweite Anerkennung ihres Landsmannes freuen, allerdings würden nur wenige seine Arbeit wirklich kennen. Denn nach der Uraufführung blieben Oliveiras Filme nur kurze Zeit in den Kinos.


Dem Veranstaltungsankündigung auf der Website der AdK kann man - neben einem hübschen Foto mit dem Akademie-Präsidenten, dem Staatspräsidenten und den Gregors - auch folgende einführende Aussagen entnehmen:

Ausschnitte aus fünfzig Filmen, die elementaren Themen seines Werkes zu begreifen: Das Spannungsfeld zwischen Dokumentarfilm und Fiktion wird in Die Sinfonie einer Großstadt von Walter Ruttmann (1927) und Der Mann mit der Kamera von Dziga Vertov (1929) gezeigt, die beide von Oliveira als wichtige Referenzen für seine erste Filmarbeit Douro, Faina Fluvial (Harte Arbeit am Fluss Douro, 1931) herangezogen wurden. Im Vergleich finden sich kuriose Übereinstimmungen bei allen drei Filmen: die schnelle und zeitversetzte Montage von Einstellungen und Szenen; die Wiedergabe der Hektik; die Vergegenwärtigung menschlicher Arbeit und des Lebens in der Großstadt. Der Stummfilm über den nordportugiesischen Fluss Douro läuft als einziger Beitrag von de Oliveira in voller Länge in der Ausstellung.
(...)
Eine der vielleicht größten Singularitäten des Werkes Oliveiras besteht in der Autonomie von Wort, Bild, Ton und Musik, die das filmische Verhältnis zwischen Zeit und Bewegung bestimmt, wie am Beispiel von Amor de Perdição (Das Verhängnis der Liebe, 1978) gut zu erkennen ist. Wie Luís Miguel Cintra einen Text von Samuel Beckett in O meu Caso (Mein Fall, 1986) vorliest, ist wohl eines der besten Beispiele dieser Autonomie des Wortes, die in Oliveiras Filmen eine einzigartige Beziehung zwischen Bild und Text schafft. Zwischenmenschliche Beziehungen, insbesondere von Frauen und Männern zeigen sich bei Oliveira stets durch gesellschaftliche Konventionen bedingt.



Diese Informationen machen schon Lust darauf, die Ausstellung sehen zu wollen, auch als Lern-Erfahrung für ein im Aufbau befindliches Kinomuseum Berlin, wie man Werkgeschichte des Kinos in Ausstellungen präsentiert, präsentieren sollte, präsentieren könnte -- oder auch nicht.

Achtung: Was uns die Zeit-Online verschweigt und die Website der AdK verrät, ist die Tatsache, dass die Ausstellung am Hanseatenweg und (gott sei Dank!) nicht am Pariser Platz ihren Ort gefunden hat. Ausstellungsende ist am 29. März 2009.

Die Präsenz der Gregors bei der Ausstellungseröffnung verwundert nicht, konnte man in den 1980er und 1990ern doch den jeweils "vermutlich allerletzten Film" von Manoel de Oliveira jeweils im FORUM DES JUNGEN FILMS sehen. Darüber, warum der Sektionsleiter für "Film- und Medienkunst" in der Akademie der Künste, Hans Helmut Prinzler, nicht auf dem Promi-Eröffnungsfoto zu sehen ist, kann man nur spekulieren. Sonst käme man fast auf die Idee, dass hier einer Rache in seinem zweiten verbliebenen Haus dafür nimmt, dass er "zu früh" aus seinem ersten Haus wegbeordert wurde, während dort nun Hitchcock, Loriot und Wasserwelten als künstlerische Avant-Garde abgefeiert werden.

ATRIUM