Freitag, 27. Februar 2009

Manfred Salzgeber

Es war vor ein paar Wochen, als mir Mr. Cinerama aus Berlin ein Konvolut von digitalen Scans per Email ins Haus sandte. Es war eine Fotosammlung gemeint auch zur Positionsbestimmung des künftigen Kinomusems Berlin. Mit dabei war auch ein Portrait-Foto von Manfred Salzgeber aus den frühen 1970er-Jahren, aus seiner Bali-Zeit in Zehlendorf. Sofort war sie wieder da: diese durchdringliche Stimme aus dem Radioäther der SFB/RIAS-Radiostationen der 1980er-Jahre, durchdringliches Zeichen, dass wieder Berlinale-Zeit war und in der noch übersichtlichen Kinoshow Westberlins eben auch eine Seitensektion betriebsbereit wach war.

Es vergingen ein paar Tage, bis mir die Zusammenhänge klar wurden.
Schließlich postete ich am 24.02. an anderer Stelle im Internet:

Wenn man sich die Biographie von Manfred Salzgeber bei Wikipedia mal näher unter dem Gesichtspunkt auch der Berliner Kinoevolution (Bali, Tali) durchliest

http://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Salzgeber

dann wundert man sich zum einen, warum sein Leben noch nicht als Bio-Pic verfilmt wurde (sei es als Doku mit den noch lebenden Zeitzeugen wie deHadeln, Speck, Schoeller -- oder wie bei "Milk" als Doku-Fiction).

Abgesehen davon wurde mir zum anderen wieder deutlich, dass das "Forum" sich einst als Gegenfestival zur Berlinale gegründet hatte (bevor es vereinnahmt wurde und nunmehr fast bedeutungslos ist).

In dieser Geschichte stecken jede Menge noch zu erzählende "Geschichten" und Lernhinweise für die Lage heute, wenn auch 30 - 40 Jahre später unter komplett anderen Kontexten.


Aufgrund dessen antwortete Mr. Cinerama auf meine Idee an anderer Stelle im Internet wie folgt:

Die Pionierleistungen des Manfred S. in der Profilschärfung der Berliner Off-Kinobewegung müssen hoch geachtet werden, zumal er der "Sozialdemokratisierung" etwa der Arsenalianer auf dem Öffentlichen Parkett durch Radikalisierung seiner Polit-Programme im 'BALI' entgegentrat, die jenes Kino zum Magneten der Protestszene eben so machten wie ihn persönlich zur Zielscheibe ewiggstriger Zehlendorfer, die ihn daraufhin an bestimmte Ort wünschten (das Vokabular ist bekannt). S. war filmhistorisch enorm gebildet und nebenher auch ein Kenner der verschiedenen kinematographischen Format: eine der wenigen Altlinken ohne Scheuklappen vor den Erzeugnissen des amerikanischen Konservatismus - von Ford bis Dmytryk. Das unterscheidet ihn von sog. Linksliberalen, wie sie später unter der Ägide von HHP und WJ in der Stiftung Deutsche Kinemathek durch Fixierung auf rein biographische und humanistisch-fixierte Autorenkunst als das Gegenteil von "Kinowissenschaft" betrieben haben - was zum Fernsehmuseum nun führte.


Daraufhin fasste ich mir Mut und schrieb den noch lebenden (Alf Bold ist ja auch schon seit 1993 tot), den ehemaligen "näheren Zirkel" von Manfred Salzgeber mit einer Rundmail folgenden Textes an:

Gentlemen:

eine kleine Anfrage zum Thema "Bio-Pic Manfred Salzgeber".

Nicht nur der Erfolg von "Milk" legt es nahe: auch die junge Nachwuchsgeneration an Dokfilmern (Anfang der 1980er geboren) zeigt inzwischen fortgesetzt Interesse an Lebenswürdigungen jener vor 1995 "zu früh Verstorbenen", wie beispielsweise Matt Wolf in "Wild Combination" zu Arthur Russel. Auch wir haben im derzeitigen Sichtungsprozess für das Globians Doc Fest Berlin zwei neue Beispiele für die Würdigung dieser "zu früh Verstorbenen" durch die nachstrebende Dokfilmergeneration eingereicht bekommen.

Liest man nun die Kurzbiographie von Manfred Salzgeber bei Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Salzgeber

so habe ich mich heute gefragt, warum es über Manfred Salzgeber eigentlich noch kein "Biopic" gibt, zumal viele der "Zeitzeugen" noch am Leben sind und vor Kamera berichten können. Als Ex-Stuttgarter reizt neben der "Politisierung des Privaten" zudem der Bogen von Stuttgart-Rohr/-Vaihingen über Amsterdam nach Berlin (West), das Verhältnis Buch/Film/Kino, die Gründungszeit der "Programmkinos" in West-Berlin und die Berlinale-Epoche "de Hadeln", überhaupt der westdeutsche Zeitbogen von 1961 - 1989.

Bevor ich mir jetzt weitere Gedanken mache, wollte ich mal in die Runde des "näheren Zirkels" fragen, ob hier vielleicht schon jemand dran arbeitet, arbeiten möchte und/oder wie eigentlich allgemeine "Stimmungslage" diesbezüglich ist.

Sollte ich damit bei jemanden ggf. "geschlossene Türen einrennen", bitte ich um Verständnis:
Durch die Festivalarbeit lernt man die "kreative Aggregation" statt des "stillen Brütens".

Besten Dank für Feedback im voraus!


Ich bin gespannt, was sich in dieser Sache entwickelt, denn Manfred Salzgeber ist einer der wichtigen Schlüssel zum Verständnis der Berliner Entwicklungen. Das grundlegende Schisma zwischen "Kuratorium" und "Kinomachen", das für die gesamte Berliner Sitaution grundlegend ist, kann man mit der Aufarbeitung von Salzgebers Historie verständlich machen. Man könnte es freilich dadurch auch möglicherweise "heilen".

ATRIUM

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