Samstag, 15. Januar 2011

Himmel und Erde

Die Dinge kommen wieder zusammen: Ein Wiedersehen des ZDF-Fernsehgesprächs zwischen Raimon Panikkar und Karl Schnelting aus dem Jahr 1988 (ESD: 04.12.1989), der Kurzfilm "Im Wind" über die brandenburgische Gemeinde Trampe von Volker Koepp (als Teil der '20x Brandenburg') und die ARTE-TV-Erstausstrahlung am gestrigen Abend von Christians Freis sehr nachdenklich stimmendem Dokumentarfilm "Space Tourists", der die Spannung des Lebens zwischen Abheben in den Himmel und der Rückbesinnung auf aller-einfachstes Erden-Dasein spannt. Sich in einer entfaltenden Endzeitstimmung noch ein paar schöne Tage im All erkaufen zu wollen, das hat schon was.

Und dann die technischen Betriebsfette im Viehfutter, der Biodiesel im Eidotter, ein großer Lebensmittelskandal um Dioxin in Ei und Fleisch, aber mehr noch, ein Skandal der Größe, der Skalierung und der modalen Trennung des Zusammengehörigen, betrieben durch Effizienzvorstellungen, Zentralisierung, Monokultur, Profitgier und Größensucht. Holistisches Leben bedeutet, dass Viehfutterproduktion keine solche mehr sein soll und nicht von der Viehhaltung der Haus-Tiere getrennt sein soll. Große Fehler dürfen nur kleine Folgen haben, statt umgekehrt. Der Gutshof als Allmende für Mensch, Tier und Pflanzen brauchte die Viehfutterproduktion nicht auslagern und beschäftige zudem eine Vielzahl an Menschen in unterschiedlichen Funktionsbereichen.

Da können Vorstellungen von einem neuen "Gleichstromnetz", einem "smart grid", nur von gleichem Kaliber sein: verblendete Effizienzvorstellungen, Profitgier und Größensucht lassen jede plumpe Ideologie im rechten Licht so genannter ökologischer Lebensweise erscheinen. Windräder sind eine tolle Sache, wenn sie in verträglichen Größenformen einem die Winddimension anschaulich machen können; sie werden zur Plage, wenn sie als "Farm" in Tiefflughöhe für Mensch und Tier bedrohlich dröhnen und drohen. Je höher der metallische Mast und die Flügel, desto größer der Rost der Verrottung -- und der abzuziehende Energieaufwand, dem für eine gewisse Zeit noch Einhalt zu gebieten. Unsere Windparks werden binnen kurzer Zeit auch wie das 'Kosmodrom Baikonur' aussehen. Solarpanels produzieren Strom und Wärme. Kleine Solarpanels produzieren wenig Wärme, "Solarparks" hingegen heizen das Klima auf.

Für ein holistisches Leben benötigt man kein "Gleichstromnetz", keine "Windparks" und auch keine "Solarparks", sondern die Energieerzeugung vor Ort im menschlichen Maß und einen Energieverbrauch, der nicht mehr Strom ziehen möchte, als vor Ort erzeugt werden kann. Das sind die Lehren aus den Erkenntnissen der 1970er- und 1980er-Jahre, die alle sehr aktuell wirken, weil im Grunde 30 Jahre in der gesellschaftlichen Entwicklung verschlafen wurden -- und die alten Konzepte in neuem Gewand des Größenwahns und in der groß-industriellen Anwendung vor allen Dingen eins sind: ziemlich unverträglich, wenig zuträglich und nicht sehr lange vorhaltend, unnachhaltig. Die vermeintliche Wende weg vom Öl und hin zu "regenerativen Energietechniken" ist ein Riesenrückschritt, wenn er so betrieben werden soll, wie er derzeit von der politischen Klasse in ihrer derzeitigen Organisationsform geplant und von der bisherigen Wirtschaftsstruktur umgesetzt werden sollte. Der Wettlauf zwischen der Zerstörung durch "Rettungstechnologien" und der Zerstörung der Weltwährungen bleibt derweil bislang noch offen. Man weiß nicht, was man eher herbeisehnen soll.

Aus all diesen Gründen sehe ich derzeit sehr gerne mir nach wie vor als bedeutend und signifikant erscheinende Gesprächssendungen des Fernsehens aus den 1980er-Jahren wieder an: als der eintreffende Segen des Videorekorders eine Zeitmaschine der Erinnerung für Bewegtbild und Tonwiedergabe in Gang setzte. In einer Zeit, bevor die Monokultur der "Talkshows" die Show vor den Dia-Log setzte.

JP

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