Am Berliner Zoofenster wird gebaut; das Schimmelpfennig-Haus ist fast weg und am Zoobogen (einschließlich Zoo-Palast) steht die neue architektonische Planung (und wird nächste Woche wohl veröffentlicht). Inwieweit die öffentliche Bauplanung von Charlottenburg den Zoo-Palast mehr als nur in seiner architektonischen Hülle retten kann, sondern auch funktional, als Kinobetrieb, wird die Zukunft erst zeigen können.
Die Pressestelle der Berliner "Akademie der Künste" (AdK) informierte mich heute über die am 16. und 17. Oktober bevorstehende Tagung "Zukunft Kino II - Digitale Kinematographien" im Akademie-Haus am Hanseatenweg in Tiergarten.
Eine Tagung "Zukunft Kino" zu nennen, in der es vor allem eben nicht um die gegenwärtig tobenden Kämpfe in den Kinos um ihre eigene Zukunft geht (mit Distributoren, die keine Filmstreifenkopien mehr ziehen wollen und die die Kinos damit zur Zwangsdigitaliserung nach US-amerikansicher DCI-Norm zwingen wollen -- Kämpfe aber auch mit öffentlichen Förderinstanzen, die meinen, durch Abhängigmachung mittels Darlehen etwas Gutes zur Bewahrung der Zukunft von Kinos anzustellen, wenn Kinos damit in 24-Monats-Erneuerungszyklen gezwungen werden sollen), das halte ich - gelinde gesagt - für recht zynisch -- oder zumindest für sehr unbedarft und an der Realität vorbei, die sich eben auch nur zu gerne in zerebralen Reflektionen digital vaporisiert.
Gehen soll es bei der AdK-Tagung um feuilletonistische Allgemeinfragen rund um Filmvermittlung, Filmfinanzierung und Werkdistribution in Online-Medien, um die Digitale Kinematographie, die im Werkbeispiel "Waltz With Bashir" keine mehr ist (sondern Animation) und um den gegenwärtigen Turbo der Kinodigitalisierung, 3-D, der in einem Beitrag von Seeßlen/Metz diskutiert werden soll unter dem Titel: "Die erweiterte Kinematografie – 3D-Kino oder die Auflösung der Bilder? - Das Bild bezahlt seine universale Marktgängigkeit mit dem hohen Preis seiner Auflösung. Auch das stereoskope (3D) Bild wird das Kino nicht retten."
Helfen kann hier wohl nur die Rückbesinnung auf das kinematographische Sehen und Hören, wie "Höhlenmenschen und Kinder" es im und am Werk von Straub-Huillet lernen können. Eine umfassende Einführung in das Werk von Sraub-Huillet gibt Daniel Fairfax aus Sydney in seinem aktuellen und sehr lesenswerten Beitrag für "Senses of Cinema", Ausgabe 52. [Stand: FIRST PUBLISHED 6 September 2009 - LAST CHANGES 29 September 2009]
Das Werk von Straub-Huillet öffnet sich und wird zugänglich, wie Fairfax schildert, vor allem auch durch die im Entstehen begriffene, französischen Gesamtausgabe auf DVD. Inwieweit die Vergangenheit des Kinos die Basis für eine Zukunft des Kinos sein könnte, wenn die historischen Werke einem individualisierten Konsum zur Verfügung stehen, steht dahin.
Dem Verlust des Monopols der hochqualitativen und großen Bilder, der seit den ersten CRT-Röhren-Videobeamern langsam eingetreten ist und nunmehr durch überall eingesetzte Großdisplays (vom Wohnzimmer bis zu Häuserwänden und Bankfilialen) zur wahren Inflation, Entwertung der Bilder und Töne geworden ist, kann letztlich nur durch zwei Modi gelenkt werden. Der eine Modus verweist auf das Museum und die historische Aufführungspraxis und der andere Modus zeigt in die diametral andere Richtung: auf die Wieder-Lebendigmachung des als wertig Erkannten durch soziale Prozesse.
Dem Werk von Straub-Huillet würdig wäre ein Bayreuth, dass auch in Überlingen, Romanshorn und Lindau zu Hause sein könnte. Ein Ort der Auseinandersetzung abseits der kulturellen Hyperkonkurrenz des Kulturmarktes und passend zum konzisen aber auch landschaftlichen Blick, gezogen ohne Kinobild-Monopol aber getragen von einem Publikum, dass sich sammelt, um ein Werk und eine Idee. Das Kino wird nach dem Zusammenbruch des Mainstream nur als Alternative in jeder Hinsicht und jeder Form mit eben auch alternativen Form-Inhalten sich seine Zukunft selbst erarbeiten können, und zwar in Ausnahmefällen und als Randzone. Festival in diesem Sinne.
ATRIUM
Freitag, 2. Oktober 2009
Eine "Zukunft des Kinos" mit Straub-Huillet
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