Sonntag, 19. April 2009

BAMcinématek: The Late Work

Bei unserer kursorischen Suche nach inhaltlichen Betriebskonzepten für ein Kinomuseum, die über "Reliquienverehrung" und "Monothematischen Filmreihen" hinaus gehen, bin ich heute in der NYT auf einen Beitrag von A.O. Scott gestoßen, bezüglich einer von Miriam Bale an der BAM konzipierten und co-realisierten Filmreihe zu Spätwerken von Filmregisseuren, die lehrreiche Schnitte durch die amorphe Masse der Filmgeschichte zieht.

Dazu die Synopsis des Repertoire-Programms von der Website der BAM.

A great director often reaches a point towards the end of a long career when he works completely at his own pace. The work made in this period can be deceptively casual or slightly feverish, but is made with absolute assurance, often in defiance of stylistic and structural norms. These films can be among the most complex and interesting in a body of work, often approaching signature themes from new angles, as illustrated in this series of late films by master directors.


Scott bewertet diese Reihe in Kürze so:

The series at the Brooklyn Academy of Music is unusual, even radical in the way it brings together disparate materials. Most film series are organized around a single genre or period, a national cinema or, most conventionally, a single director’s oeuvre. BAMcinématek and the program’s co-curator, Miriam Bale, have wrenched two dozen films out of those familiar contexts, bringing together a startlingly diverse array of films and filmmakers, from Yasujiro Ozu to Jean-Luc Godard, from Ernst Lubitsch to Robert Altman, from John Ford and Howard Hawks to Stanley Kubrick and Ousmane Sembene. And rather than dwelling on established touchstones or acknowledged masterpieces, the series assembles an intriguing collage of movies that are, in their different ways, provocative and surprising, capable of challenging our assumptions about their individual makers and even about motion pictures in general.


In seinen weiteren, generellen Betrachtungen zum "Late Work", dem Spätwerk als eigener kunstgeschichtlicher Gattung, vergleicht Scott den Kinobereich mit anderen "Künsten der Kunst", wie etwa in der Literatur bei Updike, Roth und Ibsen, in der Malerei bei Monet und Matisse und in der Musik bei Beethoven. Scott verweist insbesondere auf Edward W. Said’s Studie “On Late Style” als kunstgeschichtliches Referenzwerk zum Verständnis des Spätwerks als eigener Gattung. Gegen Ende seiner Betrachtungen verweist Scott auf Woody Allen und Clint Eastwood, die noch keine Anzeichen von Müdigkeiten zeigen und er hält das Spätwerk von Martin Scorsese, Steven Spielberg and Francis Ford Coppola für derzeit noch nicht abschätzbar.

Festzuhalten bleibt, dass im Zeitalter der Online- und Silberscheiben-Verfügbarkeit auf AV-Trägern von immer weiteren Teilmengen der Filmgeschichte die großen monothematischen Filmreihen mit Festivalcharakter obsolet zu werden drohen. Der eigentliche Gewinn von kuratierten Filmreihen liegt also auch im "intelligenten Schneiden und Schnitten durch die amorphe Masse der Filmgeschichte". Inwieweit hier dann überhaupt noch "Theatrical Exhibition" notwendig wird, dürfte die weitere Zukunft zeigen. Natürlich wertet ein Festivalcharakter mit Einführungen und Q&A's renommierter Persönlichkeiten des zeitgenössischen Films, Pubizisten, Überlebenden, Verwandten und Freunden eine öffentliche Veranstaltung zum Festivalevent auf, was die eigentliche Attraktion solcher öffentlichen Filmreihen dann ausmachen dürfte. Aber einfach nur Kopie und Aufführungs-Rechte besorgen nach der Devise: "der Filmvorführer wird doch wohl noch den Film in den Projektor einlegen können"; Licht aus und Film an — nächste Vorstellung. So etwas dürfte bald nicht mehr ausreichen und selbst zu einer fossilen Flosse der Vergangenheit gehören. Das gilt nicht nur für Retrospektiven des Gesamtwerks eines Filmkünstlers, oder eines Querschnitt-Programms zu einem Film-Genre, sondern auch zu Retrospektiven filmtechnischer Darstellungsformen.


ATRIUM

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