Der "Spiegel" brachte vorgestern einen Rundblick zum "raschen Sterben des US-Zeitungsmarktes", bei dem es unter dem Strich nicht nur um den endgültigen Vollzug des Medienwechsels von Print auf Online geht, sondern damit auch um einen Generationswechsel, bei dem die Alten vor die Tür gesetzt werden und die Jungen ihr Online-Ding weiter betreiben dürfen. Mit diesem Beitrag von Marc Pitzke kann man nicht nur belegen, wie sich ökonomisch "Freier Fall" anfühlt, sondern auch, dass Leopold Kohrs Thesen aus den 1950ern und 1960ern voll zutreffen: Die Größe von Entitäten ist immer ein Problem, wenn die Entitäten zu groß sind. Ein Schweizer Kanton hat die richtige Größe, wie auch Luxemburg; ein deutscher Nationalstaat, nicht nur in den Grenzen von 1938, ist als politische, demographische und ökonomische Einheit deutlich zu groß. Kohrs Schüler E.F. Schumacher hat daraus dann "Small Is Beautiful: Economics as if People Mattered" ("Die Rückkehr zum menschlichen Maß. Small is beautiful. Alternativen für Wirtschaft und Technik") zur These kondensiert. Das ist insbesondere wichtig, weil man bei den US-Zentralbanken statt nur mit Hunderten von Milliarden zu operieren, jetzt doch lieber gleich zu "Blankoschecks" übergehen möchte, doch lieber gleich in "Trillions", notfalls mit Kommastelle, rechnen möchte, was vereinzelt bereits zu Stimmen führte, dass wir alle bald - demokratisch - mit Milliarden und Trillions rechnen dürfen. Solcherart konzipierte Rettungsaktionen basieren auf der Annahme, dass "Komplett-Crashs" unangenehm sind, und man diese lieber so lange wie möglich rauszögert, vielleicht kommt ja doch noch die wundersame Rettung, dass Benzinautos von selbst kein Benzin mehr zum Betrieb benötigen. Die größte Entität, der souveräne Nationalstaat, stemmt sich mit aller Kraft gegen das Umfallen seiner großen ökonomischen Subentitäten und wird über kurz oder lang mit ihnen selbst auch umfallen. Die nationalökonomische Struktur ist dabei, sich zu übernehmen und wird dabei unstabil. Systemtheoretisch nennt man so etwas "Katastrophische Bifurkation". Derweil dürfen wir den Beschluss der Regulatoren von der europäischen Hyperstruktur, die ich eher Hybrisstruktur nennen würde, über die Bestrahlung mit falschen Spektralanteilen, Elektrosmog und epileptischer Gepulstheit künstlichen Lichts und das damit zusammenhängende Verbot von "Glühlampen" zur Kenntnis nehmen und uns dafür bedanken, dass nicht auch Zahnbürsten, gedruckte Bücher und Filmfestivals aus Energieeffizienzgründen verboten werden.
Was bei all dem allerdings vergessen wird, ist die Tatsache, dass das Internet nicht nur ein großer Energieschlucker ist (siehe unten), sondern auch eine zunehmend technische Monostruktur im Riesenformat. Darauf hat gestern Joachim Jakobs bei Telepolis in seinem Beitrag "Der Kollaps des Internet ist heute genauso unvorstellbar wie der Kollaps der Finanzbranche vor einem Jahr" hingewiesen. Ich hielt schon die Abschaltung des Fernschreiber-Telex-Netzes vor über zehn Jahren für sehr frivol; die Abschaltung von ATM wäre wirklich eine große Dummheit. Wenn man alle lebenserhaltenden Informationen nur noch über eine Inter-Mononetz laufen lässt, dürfte man sich bald über die Konsequenzen, die die Kombination aus Mono- und Riesen-Struktur an Störanfälligkeit bedingt, nur noch wundern: Kein Telefon, kein Telefax, kein Mobilfunk, kein Fernsehen, keine Email, kein Web.
Der Große Wandel, (den die gebildeten und gut ausgebildeten Astrologen unserer Zeit im Übrigen bereits seit einigen Jahrzehnten vorhersagen konnten -- und der sich auch auf den Maya-Kalender in Richtung Zeitenwende 2012 wunderbar abbildet) greift auch in die Mikrostruktur ein und damit sind wird wieder bei Kino-Perspektiven.
Es war klar, dass auch Filmfestivals, die vom Sponsoring großer Corporations abhängig sind, von der Krise des Wandels nicht verschont bleiben. Jüngste Kalamität ist der Abbruch des "Canadian Film Festival"-Projektes in Toronto, wie man vorgestern bei der Toronto Globe and Mail nachlesen konnte. Das "CFF" war das Gegenfestival zum großen TIFF. Dazu screenwriter/director Michael Sparaga in dem Artikel: "The Toronto International Film Festival is this great, big beast that exists in Toronto, and unfortunately, eats up a lot of the funding. And I get that,” said Sparaga. “But for those Canadian films that don't get into TIFF, the Canadian Film Fest was another option. It shouldn't be underestimated.”
Aus diesem Grund erschien mir diese Art von Funding und Fundraising auch nie als eine besonders nachhaltige Form und Option des Projektbetriebs, selbst auf die Gefahr hin, eben nicht über 50.000 CAN$ an Werbeetat verfügen zu können, sondern auch hier neue Wege zu gehen, gehen zu müssen.
ATRIUM
Mittwoch, 4. März 2009
Beschleunigter Wandel ist keine "Delle" mehr
Tags:
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